Schaffhausen hat die höchste Zecken-Impfquote bei Kindern

Anna Kappeler | 
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Eine vollgesaugte Zecke kann um das 200-Fache ihrer ursprünglichen Grösse anwachsen. Bild: Key

Im Zecken-Hochrisikogebiet Schaffhausen hat sich die Zahl derjenigen, die sich gegen die von Zecken übertragene Krankheit FSME impfen lassen, massiv erhöht.

Sie stechen dieses Jahr ungewöhnlich häufig: die Zecken. Bis Mitte Juli haben sich bereits 226 Personen mit dem gefährlichen Zeckenenzephalitis-Virus infiziert. Das sind nur 43 weniger als im gesamten letzten Jahr. Gerade im Hochrisikogebiet Schaffhausen, einer Region also, in der die Wahrscheinlichkeit besonders hoch ist, an FSME zu erkranken, lauern die Krankheitsüberträger (siehe Box). Eine Möglichkeit, sich zu schützen, stellt eine Impfung gegen das FSME-Virus dar.

Tatsächlich zeigen jetzt erstmals Zahlen: Im Kanton Schaffhausen ist die Anzahl derjenigen, die sich gegen das Virus impfen, markant gestiegen. Nirgendwo in der Schweiz werden so viele achtjährige Kinder dagegen geimpft wie in Schaffhausen. Im vergangenen Jahr waren es 55 Prozent aller Achtjährigen. Und: Der Wert ist massiv gestiegen, 2005 waren in der gleichen Altersgruppe erst 15 Prozent geimpft.

Dass zu den FSME-Impfungen überhaupt Daten vorliegen, ist keine Selbstverständlichkeit, wie Martina Wettstein vom Gesundheitsamt des Kantons Schaff­hausen sagt: «Wenn sich jemand impfen lässt, erheben die Gesundheitsämter keine Daten. Das ist ein persönlicher Entscheid. Glücklicherweise haben wir in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und deren Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention eine Studie erhoben, um herauszufinden, wie die Kinder im Kanton ­geimpft sind.» Auftraggeber war das ­Bundesamt für Gesundheit (BAG). Das Vorgehen erklärt Wettstein wie folgt: «Dabei haben wir die Eltern angeschrieben und sie gebeten, die Einträge auf den Impfausweisen ihrer Kinder mitzuteilen.» Die Antwortrate sei mit 95 Prozent sehr hoch, die Studie also repräsentativ.

Häufige Impfung auch bei Teenagern

Erhoben wurden zudem auch die Daten der 2- und 16-Jährigen. Während Kleinkinder nicht gegen FSME geimpft werden, dafür also keine Daten vorliegen, zeigt sich bei den 16-Jährigen die gleiche Tendenz wie bei den Kindern: Schaffhauser Eltern lassen ihre Jugendlichen vermehrt gegen FSME impfen. Letztes Jahr waren 64 Prozent aller 16-Jährigen im Kanton Schaffhausen geimpft. Schweizweit waren es nur 29 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 hatten sich in Schaffhausen nur gerade 22 Prozent der Gleichaltrigen gegen das Virus impfen lassen (landesweit 8 Prozent). Seither steigt die Impfquote in Schaffhausen stetig nach oben. In dieser Altersgruppe waren in den Kantonen ­Zürich (71 Prozent), Thurgau (69 Prozent) und Uri (69 Prozent) noch mehr Teenager geimpft als in Schaffhausen. Auch diese Kantone gelten als Risikogebiete.

«Risikogruppen impfen lassen»

Die Zunahme der Schaffhauser Impfrate könnte sich damit erklären, dass die Gefahr von FSME im Hochrisikogebiet Schaffhausen ins Bewusstsein der Leute ge­drungen ist. Viele Ärzte sprechen ihre ­Patienten vermehrt darauf an, dass eine Impfung sinnvoll sein könnte. Der ehemalige Schaffhauser Kantonsarzt Jürg Häggi etwa rät generell zur vorsorglichen FSME-Schutzimpfung. Er sagte den SN kürzlich: «Hier hat man früh angefangen, Risikogruppen wie Förster und Zöllner zu impfen.» Menschen also, die sich vermehrt in der Natur aufhielten, seien im Kanton Schaffhausen folglich ausreichend geschützt. Sei man nicht geimpft, lasse sich FSME im Nachhinein laut Häggi kaum mehr behandeln. Auch das BAG empfiehlt, sich gegen das FSME- Virus zu impfen.

«Praktisch ganze Schweiz betroffen»

Hochrisikogebiete wie Schaffhausen weiteten sich ständig aus, sagte Christoph Berger, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, zudem gestern in der SRF-Sendung «Heute Morgen». «Bald ist auf der Gefahrenkarte so viel rot markiert, dass ausser dem Tessin praktisch die ganze Schweiz betroffen ist.» Sein Vorschlag: eine Impfempfehlung, die flächendeckend für die ganze Schweiz gilt. Eine Arbeitsgruppe werde nun die Situation analysieren und danach dem BAG eine Empfehlung abgeben. Eine Ausweitung der Impfempfehlung hätte Auswirkungen auf die Krankenkassen. Heute müssen diese die Impfung nur für Personen übernehmen, die in einem Risikogebiet wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten. Aus Bergers Sicht wäre eine schweizweite Impfempfehlung auch der richtige Weg, weil die Zahl der schwer ­verlaufenden Fälle jedes Jahr zunimmt. «Jede Hirnerkrankung, die man verhindern kann, muss man verhindern.»

Schaffhauser Apotheken bieten FSME-Impfungen an

Schaffhauser Apotheken dürfen seit zwei Jahren drei Impfstoffe verabreichen: gegen Grippe, Hepatitis und gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Die kantonale Heilmittelverordnung vom 5. Juli 2016 hält fest, dass sich Apotheker mit einem entsprechenden Fähigkeitsausweis eine Bewilligung durch das Departement des Innern ausstellen lassen können. Diese Bewilligung erlaubt es den Apotheken, Personen über 16 Jahre zu impfen.

«Unkompliziert impfen lassen»

Auch in der Ritter Apotheke in der Schaffhauser Altstadt kann man sich impfen lassen. Seit diesem Jahr hat Geschäftsführer Peter Toscano eine entsprechende Bewilligung. «Wir befinden uns in einem glücklichen Zustand, dass man sich bei uns unkompliziert in einer Apotheke impfen lassen kann», sagt er. So entfalle etwa die Terminsuche beim Arzt. Gerade aktuell, wenn sich die Leute viel im Freien aufhielten, würde das Thema Zecken in den Fokus rücken. «Gerade erst habe ich einer Frau eine Zecke entfernt, die Stelle desinfiziert und sie beraten», so Toscano.

Um gegen FSME immun zu werden, muss ein Patient drei Impfungen verabreicht bekommen. Einen Monat nach der ersten Impfung sollte die zweite erfolgen, ein halbes Jahr später die dritte. Nach fünf Jahren muss die FSME-Impfung wieder aufgefrischt werden. «Wir müssen noch immer viel Aufklärung betreiben», sagt Toscano. In diesem Jahr habe er bereits über 20 Personen geimpft. (dmu)

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