Planzer-Plane wird Freitag-Tasche

Jeannette Vogel | 
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Für Martin Schwarzer, den Chef von Planzer Schaffhausen, ist die Firma Freitag gleichsam eine Verwandte. BILD JEANNETTE VOGEL

Täglich sind im Raum Schaffhausen zukünftige Freitag-Taschen unterwegs. Nicht nur der Recyclinggedanke verbindet die Firmen Planzer und Freitag seit 20 Jahren, die beiden Unternehmen ticken auch sonst ähnlich.

Freitagnachmittag am Freitag-Hauptsitz in Zürich Oerlikon. In der Produktionshalle tönt Musik aus den Lautsprechern. Ein Mitarbeiter tänzelt mit dem Cutter in der Hand auf eine Plane zu. Die Lkw-Blachen werden so zugeschnitten, dass Drucke und Logos der Unternehmen nicht erkennbar sind. Gewiefte Sammler haben aber ein Auge für spezielle Farben und Formen und klappern auf der Suche nach passenden Freitag-Taschen weltweit Läden ab. Vor allem asia­tische Sammler frönen dem Sport, aus den ­Taschen Namen zusammenzustellen. Fünf, sechs oder mehr dunkelrot-weisse Taschen braucht es für das beliebte Wort Planzer.

Vier bis fünf Jahre führt eine Planzer-Plane ein erstes Leben.

Das Transport- und Logistikunternehmen war in den Neunzigerjahren einer der ersten Lieferanten der Gebrüder Freitag und ist es bis heute: «An der Ebnatstrasse stehen 18 Lkw und Lieferwagen. Aus jeder der LWP-Planen werden einmal Taschen», sagt Martin Schwarzer, der Geschäftsführer von Planzer Schaffhausen. Er ist selbst passionierter Sammler und kennt bei Freitag unter Hunderten von ausrangierten Planen die Hausfarben. Vier bis fünf Jahre führt eine Planzer-Plane ein erstes Leben und ist auf den Strassen unterwegs. Im zweiten Leben als Tasche – das nochmals 20 Jahre dauern kann – wird sie zuerst gereinigt, dann werden Unikate aus ihr herausgeschnitten.

Planzer ist Lieferant, Kunde und Dienstleister für das vor 25 Jahren gegründete Zürcher Unternehmen. Die 1936 gegründete Transportfirma erzielte 2017 einen Umsatz von rund 820 Millionen Franken. Sie beschäftigt 4800 Mitarbeitende, davon 56 in Schaffhausen. Als Transporteur ist Planzer für den Nachschub der Schweizer Freitag-Stores zuständig. Gleichzeitig sind die Fahrzeuge Werbeträger und Anschauungsobjekte. So wird etwa die Verwandlung der Lastwagenhüllen in Taschen und Accessoires an einem Truck des Unternehmens demonstriert, diese Bilderreihe heisst intern denn auch «Planzer-Strecke».

Die Rückseite der Freitag-Visitenkarten zeigen einen Planzer-Truck. Spielt an einem Freitag-Event eine Band in einem umgekippten Lastwagen oder lässt eine polnische Tanzgruppe die Röcke aus werbetechnischen Gründen auf engstem Raum wirbeln, dann in einem Lkw des Transportunternehmens: «Er ist unser Trucker des Vertrauens», sagt Logistik- und Produktionsleiter Christian Schori. Der COO von Freitag hat noch andere Hüte auf. Da sich das Unternehmen aber von den klassischen Organisationsformen entfernt hat – es funktioniert nach Managementsystem Holacracy –, wurden alle Titel abgeschafft.


 

Der «Nachweis», dass wirklich Planzer-Planen benutzt wurden. 

Planzer stellt bei den Events immer Fahrzeuge und Fahrer: «Wo Planzer draufsteht, ist auch einer von uns drin», sagt Schwarzer. Weder ein fremder Chauffeur noch eine andere Zugmaschine darf mit einem Planzer-Anhänger unterwegs sein. Auch die Planen, die in ihrem zweiten Leben mittlerweile Kultstatus erreicht haben, hütet das Unternehmen wie seinen Augapfel.

Rund 460 Tonnen Planen werden insgesamt jedes Jahr von Freitag eingekauft. Nur rund die Hälfte des gelieferten Gewichts ist für die Zwecke des Unternehmens ver­wendbar. Verwertet werden aber auch die ­anderen 50 Prozent: «Unser Recycling geht über die Taschenherstellung hinaus», sagt Schori. Teile mit schadhaften Stellen werden ebenso wie Ösen oder Riemen der Wiederverwertung zugeführt. Für die Farbkategorie A zahlt das Unternehmen am meisten, dazu gehören Dunkelrot, Pink oder Schwarz. Zur mittleren Kategorie zählen etwa Weiss, Beige und diverse Blautöne. Wie Sand am Meer gibt es königsblaue und silbergraue Planen auf der Strasse, und damit hat Freitag aktuell keinen Bedarf an der Kategorie C.

Der Anteil der Planzer-Blachen macht weniger als fünf Prozent aus, indes: «Artikel mit dunkelrotem Grund und weissen Buchstaben sind überproportional beliebt», so Schori.

Planen im Tausch gegen Produkte

Geld für die Blachen bekommt Planzer keines: «Wir machen einen Tauschhandel unter Verwandten», sagt Schwarzer. Die seit rund zwei Jahrzehnten anhaltende Verbindung der beiden Firmen sei so eng, das Firmendenken so ähnlich, dass «Planen gegen Produkte» problemlos funktioniere: «Wir ticken ziemlich gleich», so Schori über diese auch für Freitag einzigartige Geschäftsbeziehung.

Die eingetauschten Taschen und Accessoires verkauft das Transportunternehmen hausintern an die Mitarbeiter: «Wir haben nur unsere Signaturfarben im Sortiment, andere brauchen wir gar nicht», so Schwarzer. Dies könne bei internen Treffen durchaus zu Verwechslungen führen, denn jeder habe eine Freitag-Tasche dabei. Die Verwechslungen werden eventuell im Laufe der Zeit minimiert. Im Januar kaufte das Logistikunternehmen den Mitbewerber Paul Leimgruber mit Sitz in Basel, dessen Signaturfarben sind Blau und Weiss.

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