Buntes Treiben sorgt für viel Stimmung




In Diessenhofen regierten gestern die Narren und Bööggen. So manche schauerliche Maske sorgte beim Umzug für ein bisschen Grusel und ganz viel Fasnachtsgefühle.
Zunftmeister Nette «Gifteleien» über den Rhein und Ehrungen
Sonntagmorgen. Im Rathaus über dem Rhein brennt Licht. Der Präsident der «Rhyalgen» begrüsst die Zunftmeister zur Fasnacht. Es werden sich am Nachmittag nicht weniger als 47 Narrengruppen und Guggenmusiken zu einem Umzug mit insgesamt rund 1400 Teilnehmern zu einem Umzug durch die Stadt formieren. Doch zuvor verleiht der Präsident der Guggemusig Rhyalge, Roger Frei, den Anwesenden einen Orden. Nicht nur den Zunftmeistern, auch Geladenen, die sich in irgendeiner Weise um die Diessenhofer Fasnacht verdient gemacht haben, und Politikern von diesseits und jenseits des Rheins. In kurzen Ansprachen «gifteln» der Stadtpräsident von Diessenhofen, Markus Birk, und der Bürgermeister von Gailingen, Heinz Brennenstuhl, sanft über den Rhein, wie sich das eben gehört in einer Fasnachtsrunde.
Zwischendurch spielen die Cholfirstfäger aus Uhwiesen lüpfige Ländlermusik unter der schönen Stuckdecke des Gemeindehaussaales. Die Vertreterinnen der Guggenmusik Reiat-Geister überreichen Roger Frei einen Kuchen mit zehn brennenden Kerzen für seinen zehnjährigen Einsatz für seine Guggenmusik und die Fasnacht in Diessenhofen. Zunftmeister Willi Iten von der Zunft zum Grimmen Löwen überreicht den Rhyalgen ein Couvert zum 40-jährigen Bestehen und erwähnt bei dieser Gelegenheit, dass seine Zunft 2018 sein 600-jähriges Bestehen feiert. «Ihr werdet noch mehr von uns hören, nur nicht ganz so laut wie von den Guggenmusiken», meint er. Mit Orden versehen verteilen sich die Geehrten zum Mittagessen, um sich am Nachmittag ab 14.30 Uhr für den Umzug bereitzuhalten.
Der Diessenhofer Stadtpräsident Markus Birk fand treffende Worte. Bild: Theo Kübler
47 Guggen und Maskengruppen setzten sich am Sonntagnachmittag punkt 14.30 Uhr in Bewegung in Richtung Stadtmitte, dem Siegelturm entgegen. An der Spitze schellte erst einmal der Einschellverein Wangen mit seinen Treicheln die zahlreichen Zuschauer so richtig wach. Hinter ihnen trieb es das Waldvolk aus Stäfa so richtig bunt, bis die Guggenmusiker Rhy-Gusler aus Schaffhausen auf die Pauke schlugen.
Schön geschnitzte Masken der Holzmaskenzunft aus Arbon lehrten viele Besucher ordentlich das Fürchten. Galgenvögel, Hexen und Keiler versuchten sich furchtsamen Kindern da und dort von der besten Seite zu zeigen, während sie gnadenlos junge Frauen fingen und diese sackweise mit Konfetti überschütteten. Der Glühweinverkäufer schützte seine Becher vor dem bunten Regen, ein Mädchen hatte mit dem Schoggigipfeli eben eine Ladung Konfetti erwischt und spuckte von Ekel gepackt das «gruusige Züüg» aus dem Mund. Da war Kaira schon besser geschützt: Ihre Mutter hatte sie in eine wunderschöne lila Qualle verwandelt. Von der weit ausladenden Kopfbedeckung hingen viele mit unzähligen ganz kleinen Lichtern besetzte Tentakel herunter, die die Konfetti abhielten.
Gruselige Masken
«Nein, bis jetzt habe ich noch kein Opfer gefangen, aber das kommt noch», meinte sie stolz. Inzwischen tauchte x-Large unter dem Siegelturm auf: eine Guggenmusik fast nur aus Kindern, die aus Wiesendangen angereist waren. Kräftig schlugen die ganz in Orange gekleideten Jungs und Mädchen auf ihre Bauchtrommeln. Dann aber verbreiteten wahrhaft gruselige Gestalten Angst und Schrecken. Ihre Masken könnten von H. R. Giger stammen. Dichter orangeroter Rauch machte die ganze Atmosphäre noch viel dramatischer, sodass sich dieses und jenes Kind etwas näher an die Mama schmiegte. Dennoch, es bot sich ein wunderbar buntes Bild, als sich dieser lebendige, bunte Umzug zwischen den schönen Altstadthäusern fortbewegte.
Beim Tor am Siegelturm hatte sich ein «Lotse» aufgestellt, der die zahlreichen Umzugswagen so dirigierte, dass sie dieses schadlos passieren konnten. So musste der Operator seine Hebebühne tief fahren, auf der die Aufschrift zu lesen war: «Die Welt wählt Flaschen! Wählen Sie unser Bier!» Kaum unten durch, fuhr er wieder hoch und pustete voller Wucht die bunten Papierfetzchen ins Publikum.
Noch lange zogen Masken, Wagen und Musikgruppen vorbei. Unter ihnen waren Nari und Naro. Sie erklärten: «Wir waren früher zusammen in einer Guggenmusik. Jetzt haben wir nicht mehr die nötige Ausdauer.» Und weiter verriet das Duo: «Wir haben unsere ganz persönliche Maske und die entsprechende Bekleidung aus alten Uhren. Heute gehen wir als Magistra unter der Nummer 22 durch Diessen-hofen, auch das macht uns ganz viel Spass!»