Kaiserin Sissi isst Lachs am Rheinfall

Saskia Baumgartner | 
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Im früheren Hotel Schweizerhof mit bester Sicht auf den Rheinfall verbrachte «Sissi» im September 1867 einen Kurzurlaub in Neuhausen. Die Aquatinta-Radierung stammt aus der Bleuler Malschule auf Schloss Laufen. Bild: Bleuler Malschule

Vor 150 Jahren besuchte Kaiserin Elisabeth von Österreich Neuhausen am Rheinfall. Sie war auf der Flucht vor der Cholera-Epidemie.

Der Rheinfall lockte schon früher berühmte Persönlichkeiten nach Neuhausen – Goethe, Annette von Droste-Hülshoff oder den Zaren Alexander. Der Neuhauser Rebbauverein erinnert jeweils seit einigen Jahren mit einem kleinen Anlass an den Zaren-Besuch.

Nicht minder bekannt war auch der Gast, der vor 150 Jahren an den Rheinfall kam: «Sissi», Kaiserin Elisabeth von Österreich. In den «Schaffhauser Nachrichten» vom 5. September 1867 heisst es dazu knapp: «Die Kaiserin von Oesterreich hält sich seit vorgestern im Hotel Schweizerhof bei Neuhausen auf, wo sie längere Zeit bleiben werde.»

Danach ging’s nach Paris

Einige Tage später wird auch über die Ankunft von Kaiser Franz Joseph I. berichtet. Dieser kam mit dem Zug von Winterthur her. «Der Kaiser fuhr mit der Kaiserin im offenen Wagen des Hrn. Moser auf Charlottenfels von Schaffhausen nach dem Schweizerhof bei Neuhausen, wo das Kaiserpaar bis Freitag bleiben und dann nach Paris verreisen soll», heisst es in den SN vom 10. September 1867. Und: «Das neugierige Volk, welches die Majestäten sehen wollte, war so zahlreich nicht.»

«Das neugierige Volk, welches die Majestäten sehen wollte, war so zahlreich nicht.»

SN vom 10. SEPTEMBER 1867

Vor ihrem Besuch in Neuhausen war Sissi in Zürich. In den SN ist zu lesen, dass sich die Cholera dort stark verbreitet habe. «Die Fremden haben seit Montag begonnen, sich zu flüchten. Die Abreise der Kaiserin von Oesterreich am Montag Abend gab das Signal zu einem allgemeinen Sauve qui peut. Die Gasthöfe sind leer und die Wirthe fluchen; nur der Kongreß der Thierärzte hält noch vollständig und wacker aus» (SN vom 8. September 1867).

Es sind auch ein paar Details über Sissis Aufenthalt am Rheinfall bekannt. Etwa, welches Menü die Kaiserin im damaligen Grand Hotel Schweizerhof mit schönem Ausblick auf den Rheinfall zu sich nahm. Auf einer Doppelseite des Menübuchs des Hotels, die in Robert Pfaffs Buch «Der Tourismus am Rheinfall im Wandel der Zeit» abgedruckt ist, wurde das zehngängige Menü für «Sissi» vom 9. September 1867 festgehalten: Nach einem Süppchen folgte Lachs – damals gab es den Fisch noch im Rhein –, und zwar «Saumon au mayonnaise» und «Saumon à la hollandaise». Weiter ging es mit Roastbeef, Hühnchen, Rehkeulen, Salat, Pudding, Meringues und Früchten. Ein recht ordentliches Essen für die kaiserliche Hoheit, der Essstörungen nachgesagt wurden.

18 Franken kostete ein solches Menü damals, das Frühstück war im «Schweizerhof» für 3 Franken zu haben. Ein Bediensteter «kostete» 7 Franken. Gemäss dem Neuhauser Autor Pfaff entsprachen die Kosten für ein solches Dinner dem damaligen Wochenlohn eines Arbeiters. Vermerkt sind im Menübuch auch die Übernachtungskosten: 300 Franken für die erste Woche, 275 für die zweite.

In einem SN-Artikel aus dem Jahre 1947 sind noch weitere Details über «Sissis» Ferien festgehalten. Darin schreibt Franz Moser-Rich, dass die Kaiserin zwar in den Gassen Schaffhausens mit dem Bürgern plauderte, beim sonntäglichen Gottesdienst aber nicht in die Kirche gehen wollte. Weil für den Privatgottesdienst in Schaffhausen kein katholischer Geistlicher zur Verfügung stand, wurde etwas auswärts gesucht. Der letzte Abt des Klosters Rheinau, Leodegar Ineichen, traf am Sonntag, 8. September 1867, im Hotel Schweizerhof ein. Neben der Kaiserin waren auch ihre Schwester, Königin Maria von Neapel-Sizilien, sowie Graf und Gräfin Trani bei der Messe dabei.

Die grosse Zeit des «Schweizerhofs»

Die Zeit, in der die Kaiserin den Rheinfall besuchte, war eine touristische Hochphase. Seit 1857 hielten nun auch Züge von Winterthur kommend in Schaffhausen, 1863 wurde der Badische Bahnhof in Schaffhausen eingeweiht. Der «Schweizerhof», erbaut unter anderem Namen in den 1840ern, war erst 1862/63 zu einem grossen Erstklassehotel ausgebaut worden und eine der besten Adressen in der Schweiz. Das Hotel hatte 180 Gästebetten, 50 für das Personal. Mitte der 1950er-Jahre wurde das Hotel abgerissen, heute befindet sich die Parkanlage Rhenania samt Terrasse an jener Stelle, wo einst das Hotel stand.

 

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