Mit Motorsäge CSS-Mitarbeiter angegriffen

Tito Valchera | 
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In der Schaffhauser Vorstadt hat gestern ein Mann mit einer Motorsäge fünf Menschen – einen davon schwer – verletzt. Er ist weiterhin flüchtig.

Update 7.00 Uhr:

Der Kettensägen-Angreifer bleibt unauffindbar. Die Polizei hat auch in der Nacht auf Dienstag erfolglos nach dem Mann gesucht. Die ganze Nacht seien Beamte im Einsatz gewesen, sagte ein Sprecher der Schaffhauser Polizei auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Fahndung nach dem 51-Jährigen habe aber bislang nicht zum durchschlagenden Erfolg geführt.

Schweizer Polizisten waren auch in der Umgebung von Schaffhausen nahe der Grenze zu Deutschland mit Spürhunden im Einsatz. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Gesuchte über die Grenze nach Deutschland geflüchtet sei, sagte ein Sprecher des Lagezentrums im deutschen Baden-Württemberg der Nachrichtenagentur dpa.

Details zum Einsatz nannte die Schaffhauser Polizei vorerst nicht. Die Behörden wollen am Dienstag um 10 Uhr mit einer Mitteilung weiter informieren.

Gestern morgen hat ein mit einer Motorsäge bewaffneter Mann in der Schaffhauser Altstadt die CSS-Versicherung-Filiale gestürmt. Er ist ins Bürogebäude an der Vorstadt eingedrungen und hat mit der Motorsäge zwei Angestellte der Krankenversicherung verletzt. Einen schwer, dieser ist aber ausser Lebensgefahr. Der andere und drei weitere Personen wurden leicht verletzt. Der mutmassliche Täter ist ein Kunde der CSS, wie deren Mediensprecherin Christina Wettstein auf Anfrage sagte. Danach flüchtete er. «Wir haben keine Ahnung, wo er sich aufhält», sagte gestern Ravi Landolt, Einsatzleiter der Schaffhauser Polizei. Zudem sei dieser vermutlich noch mit der Motorsäge bewaffnet. Die Staatsanwaltschaft warnt: «Der Täter ist gefährlich, aggressiv und psychisch anfällig», so der Erste Staatsanwalt Peter Sticher.

Vorstadt weiträumig abgesperrt

Der Notruf ging gestern Morgen um 10.39 Uhr bei der Polizei ein. «Wir sind umgehend mit einem Grossaufgebot ausgerückt», sagte Polizeisprecherin Cindy Beer. Der Tatort wurde grossräumig mit Polizeiabsperrband abgeriegelt. Als Folge waren die Menschen in diesem Bereich eingeschlossen. Vereinzelt verliessen trotzdem Bewohner, Angestellte oder Besucher der Vorstadt das abgesperrte Gelände. Die noch in den Geschäften und Gebäuden der Altstadt anwesenden Menschen wurden von der Schaffhauser Polizei aber angewiesen, die Türen zu verriegeln und ihre Räumlichkeiten nicht zu verlassen.

Ab 11 Uhr fuhren mehrere Sanitätswagen aus den umliegenden Kantonen, Kriminalpolizisten, die Feuerpolizei und weitere Rettungsdienste an das Absperrband heran und zum Teil in die gesperrte Zone hinein. Derweilen wurden verletzte Personen mit Krankenwagen abtransportiert.

Cindy Beer informierte erstmals um 12.30 Uhr die Medien, dass ein Mann mehrere Personen in der Altstadt angegriffen habe. Die Schaffhauser Polizei fahnde derzeit nach dem Tatverdächtigen. «Wir gehen davon aus, dass sich der Täter in der Stadt oder in der näheren Umgebung aufhält», so Beer. Bei der nächsten Information eine Stunde später konnte sie – zumindest für die Altstadtbevölkerung – teilweise Entwarnung geben: «Inzwischen besteht keine Gefahr mehr, doch die Bewohner dürfen die Gebäude noch nicht verlassen», sagte Beer. Bis gegen 15.30 Uhr blieb die Vorstadt abgeriegelt. Erst dann wurde das Sperrgebiet aufgehoben.

Gefährlicher Täter

Anschliessend veröffentlichte die Polizei Fahndungsfotos des Tatverdächtigen. Der Mann sei ungefähr 1,90 Meter gross, habe eine Stirnglatze, braune kurze Haare und eine «ungepflegte Erscheinung» (siehe «Kein Unbekannter im Uhwieser Wald»).

An einer Medienkonferenz in der Aula des BBZ um 16 Uhr gab die Polizei zusammen mit der Staatsanwaltschaft seine Personalien bekannt: Es handelt sich um Franz Wrousis, einen 51-jährigen Mann, Schweizer Bürger. Dieser sei zuletzt im Kanton Graubünden gemeldet, jetzt jedoch ohne festen Wohnsitz. Er halte sich oft in Wäldern auf. Man habe sein Auto, einen weissen VW Caddy mit Bündner Nummernschild, gefunden. «Der Mann ist mehrfach vorbestraft. Die Vorstrafen stammen aus den Jahren 2014 und 2016 und betreffen jeweils Widerhandlung gegen das Waffengesetz», sagte Staatsanwalt Sticher.

Wie die Polizei mitteilt, sei das Motiv noch offen, doch: «Es ist eine gegen die Versicherung gerichtete Tat», mehr wollte die Polizei aber nicht sagen. Bei der Tat handelt es sich somit nicht um einen Terrorakt.

Beer sagte über den Grosseinsatz: «Es ist hier eine Sonderlage, die sehr viele Leute erfordert.» Es wurden Einsatzkräfte aus den Kantonen Zürich und Thurgau hinzugezogen. Insgesamt waren noch über 100 Polizeifunktionäre im Einsatz. Von der Sanität standen 49 Einsatzkräfte im Einsatz, die zum Teil aus Winterthur oder auch aus Uster stammten.

Ravi Landolt, Einsatzleiter der Polizei, erklärte an der Medienkonferenz, dass die Überprüfungen der Häuser abgeschlossen seien. Sie hätten die Massnahmen angepasst, so könnten die Leute wieder in ihre Häuser, oder in die Geschäfte, oder zum Feierabend nach Hause.

Weiterhin auf der Flucht

Das Gebiet werde aber weiter überwacht, und die Suche nach dem Täter laufe auf Hochtouren: «Wir haben eine erhöhte Präsenz und überwachen mögliche Orte, an denen er auftauchen könnte», so Landolt. Der Täter könne noch in der Region oder aber bereits weiter weg, im nahen Ausland, sprich Deutschland, sein. Die Polizei konnte gestern somit noch keine Entwarnung geben. Landolt: «Der Kontakt mit dem Mann ist gefährlich.» Man soll ihm ausweichen und sofort die Polizei informieren.

«Wir haben eine erhöhte Präsenz und überwachen mögliche Orte, an denen er auftauchen könnte.» Ravi Landolt, Einsatzleiter SHPOL

Mehrere Zeugen konnten den Tathergang beobachten. Eine Anwohnerin sagte gegenüber den SN, dass es zunächst eine Streiterei gegeben habe. «Ich hatte das Fenster offen und hörte, wie es ein Palaver gab, draussen auf der Gasse.» Darauf habe sie eine Polizeisirene gehört. «Und dann ist einer draussen vollkommen ausgerastet», berichtet die Frau, die im Gebäude in der Nähe wohnt. Als sie etwas später zum Fenster gegangen sei, um nachzuschauen, habe sie gesehen, wie ein Verletzter aus dem Gebäude herausgetragen worden sei.

André Lutz aus Schaffhausen kam gerade mit dem Einkauf aus der Migros, die sich schräg gegenüber des CSS-Bürohauses befindet: «Vier bis fünf mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten schrien einen Mann an, er solle aus dem Gebäude herauskommen, und führten ihn anschliessend ab.» Dabei standen mehrere Passanten nahe beim Geschehen, das sei nicht ungefährlich gewesen, so der Augenzeuge.

Sozial- und Sicherheitsreferent Simon Stocker war um 11 Uhr gerade auf dem Weg in sein Büro, in unmittelbarer Nähe der Vorstadt. «Ich habe die Absperrungen gesehen und mich dann beim Dienstleiter auf den neusten Stand bringen lassen», sagt er. «Es ist beunruhigend, dass so was hier in Schaffhauen passiert», sagte er. «Hoffentlich wird er bald gefasst», lautet sein und der Wunsch vieler Schaffhauser.

Die Fahndungen laufen weiterhin auf Hochtouren, so kreiste ein Helikopter unter anderem über dem Wald in Uhwiesen.

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