Die Vorfreude auf den Radsportevent
Die Tour de Suisse wird am Samstag, 10. Juni, mit dem Prolog in Cham gestartet. Die 81. Austragung der traditionellen Schweizer Landesrundfahrt wird nach neun Tagen entschieden sein. Und zwar in Schaffhausen.
«Zehn Schweizer Fahrer sind in den 22 Teams am Start. Gefahren werden 1166,3 Kilometer bei 17 490 Höhenmetern», rief Tour-de-Suisse-Generaldirektor Olivier Senn nochmals in Erinnerung, was die viertgrösste Radsportveranstaltung der Welt für eine Dimension hat. Längst ist die Tour de Suisse kein reines Radrennen mehr. «Es soll vielmehr ein Unterhaltungsevent werden, bei dem sich Fans und Familien wohlfühlen», so Senn weiter. Wie das gemeint ist, erklärte der Chefplaner des Anlasses anhand der diesjährigen Schlussetappen in Schaffhausen. So wird die 8. Etappe am Samstag, 17. Juni, als Rundkurs über 100 Kilometer in Schaffhausen ausgetragen. Der Start erfolgt beim Lipo-Park. Einen Tag später wird die 9. Etappe als Einzelzeitfahren (28,6 Kilometer) mit Start auf dem Herrenacker und Ziel beim Lipo-Park ausgetragen.
Buntes Rahmenprogramm
«Wir haben mit unserer Konzeptanpassung dafür gesorgt, dass wir deutlich mehr Zuschauer anziehen werden», sagte Olivier Senn. Waren viele Radsportbegeisterte früher vor allem von der Werbekolonne begeistert, die vor den Profis mit allerlei Werbegeschenken für Stimmung sorgt, so ist es heute das Rahmenprogramm, das so vielfältig ist, dass viele Fans zu den Etappenorten kommen. Als Zugabe gibt es dann noch die Radprofis, zum Anfassen. Im Zielbereich wird viel Unterhaltung geboten. So präsentieren 38 Aussteller im Village ihre Produkte. Daneben gibt es eine Fanmeile mit Essen, Getränken und vielen praktischen Dingen rund ums Velo. Es werden Wettfahrten für die ganz Kleinen, die bei den Zuschauern jeweils einen Jöö-Effekt auslösen, angeboten. Weiter soll auch die Teampräsentation zum Auftakt der Tour mit Unterhaltungselementen attraktiver gemacht werden. Alles in allem möchte Senn die Tour de France noch näher zu den Menschen bringen.
Aus diesem Grund werden auch die digitalen Kanäle intensiv genutzt. Die Fans können genau verfolgen, welche Leistungswerte die Fahrer während ihrer Arbeit benötigen, um mitzuhalten. Über das Internet kann der Rennverlauf mitverfolgt werden.
Mehr Tour am TV
Am meisten freut man sich im Lager der Tour-Organisatoren, dass auch das Schweizer Fernsehen seine Berichterstattung über das grösste Radrennen des Landes ausbauen wird. SRF zwei überträgt täglich ab 15.50 Uhr die Tour de Suisse live. Neu ist das Begleitprogramm: So führt Paddy Kälin als Moderator durch die Liveübertragungen, gemeinsam mit illustren Tagesgästen aus dem Radsport, wie als prominenteste Besucher Olympiasieger Fabian Cancellara und Mountainbiker Nino Schurter. Claude Jaggi und SRF-Radsportexperte und Exprofi Sven Montgomery werden die neun Etappen kommentieren.
«Da bieten wir dem Zuschauer einen deutlichen Mehrwert», freut sich Olivier Senn über die grössere Präsenz im heimischen TV. Zudem wird die Tour de Suisse auf der ganzen Welt gezeigt, was wiederum unbezahlbare Werbung für die Etappenorte, wie in diesem Jahr für die Stadt und den Kanton Schaffhausen, bedeutet.
Hochkarätiges Starterfeld
Olivier Senn ist der Meinung, dass die Tour-Ausgabe 2017 sportlich betrachtet einen guten Mix an Fahrern aufweist, der für alle Rennaufgaben etwas bietet. Auch wenn die Topfavoriten auf den Sieg an der Tour de France fehlen. Gleichwohl finden sich Giro-Sieger Tom Dumoulin, Weltmeister Peter Sagan und Olympiasieger Greg Van Avermaet auf der Startliste. Zum Favoritenkreis der in Cham beginnenden und in Schaffhausen endenden Rundfahrt gehören daneben auch der Spanier Ion Izaguirre, der Belgier Philippe Gilbert (Sieger der Flandern-Rundfahrt und des Amstel Gold Race) sowie die Tour-de-Suisse-Gesamtsieger der letzten fünf Jahre, Rui Costa (2012/13/14), Simon Spilak (2015) und Miguel Angel Lopez (2016). Von den zehn Schweizer Fahrern wird Matthias Frank (neu bei AG2R) am ehesten ein Spitzenplatz zugetraut. Die Routiniers Martin Elmiger (38) und Gregory Rast (37) freuen sich vor allem auf das Startwochenende in Cham vor ihrer Haustür. Zu den Favoriten im Prolog und beim Zeitfahren in Schaffhausen gehört Stefan Küng (siehe unten).
Neu wurde zu Ehren der Ende Dezember 2016 verstorbenen Radsportlegende Ferdy Kübler (97) der Preis «fou pédalant» vergeben. Der Fahrer, der nach den neun Tagen zusammengezählt am meisten Kilometer in einer Fluchtgruppe verbracht hat, gewinnt diese Spezialwertung. Zu guter Letzt macht die Tour-Organisation auch noch etwas für den Nachwuchs. So geht von einem limitiert aufgelegten Tour-de-Suisse-Armband ein Teil des Verkaufserlöses an den Nachwuchs von Swiss Cycling.
81. Tour de Suisse (10. bis 18. Juni 2017). Etappenplan. Samstag, 10. Juni: 1. Etappe, Prolog Cham–Cham (6,0 km). – Sonntag, 11. Juni: 2. Etappe, Rundkurs Cham–Cham (172,7 km). – Montag, 12. Juni: 3. Etappe, Menziken–Bern (159,3 km). – Dienstag, 13. Juni: 4. Etappe, Bern–Villars-sur-Ollon (150,2 km). – Mittwoch, 14. Juni: 5. Etappe, Bex–Cevio (222,0 km). – Donnerstag, 15. Juni: 6. Etappe: Locarno – La Punt (166,7 km). – Freitag, 16. Juni: 7. Etappe: Zernez–Sölden/AUT (160,8 km). – Samstag, 17. Juni: 8. Etappe, Rundkurs Schaffhausen–Schaffhausen (100,0 km). – Sonntag, 18. Juni: 9. Etappe, Einzelzeitfahren Schaffhausen–Schaffhausen (28,6 km).
Willkommen in Schaffhausen: Dubach preist die Vorteile der Stadt und der Region Schaffhausen
Für zwei Tage wird das viertgrösste Radrennen der Welt, die Tour de Suisse, in Schaffhausen einfallen. Reto Dubach, Co-Präsident des OK der Schaffhauser Etappe und ehemaliger Regierungsrat, war gestern schon im Tour-Fieber. «Schaffhausen freut sich auf den Besuch der Tour de Suisse», sagte er zu Beginn der Medienkonferenz. «Aber auch die Tour de Suisse darf sich darauf freuen, in Schaffhausen Gast zu sein.» Denn Schaffhausen habe einiges zu bieten.
Wirtschaft, Wohnen und Tourismus
Dubach lobte sodann die Attraktivität der Stadt und des Kantons. «Schaffhausen ist nicht so weit weg, wie man im Rest der Schweiz meint», so Dubach. «Mit dem Zug ist man in 40 Minuten in Zürich. So lange dauert es auch, wenn man vom Zürichsee ins Zentrum will.» Hinzu käme, dass die Immobilienpreise niedriger als in Zürich sind, so Dubach. Neben tiefen Preisen sind es auch verhältnismässig tiefe Unternehmenssteuern, die Schaffhausen für Unternehmen interessant machen, so Dubach weiter.
Bei den anwesenden Sportjournalisten war der Kanton aber eher für seine touristischen Attraktionen wie Rheinfall, Munot oder Stein am Rhein bekannt. «Auch sportlich können wir einiges bieten», sagte Dubach. Er wolle sich darum nur einige Highlights herauspicken. «Die Kadetten Schaffhausen sind Schweizer Meister geworden, die Frauen des FC Neunkirch haben den Cupsieg geholt», sagte Dubach. «Nicht vergessen darf man die mit dem Lipo-Park vorhandene moderne Infrastruktur im Fussball.»
BMC im «Hirschen» in Ramsen
Die meisten Fahrer werden während des Rennens nicht einmal Zeit haben, die hiesige Landschaft zu geniessen. Ausser vielleicht das amerikanisch-schweizerische Team BMC (siehe nebenan). Das Team wird die Nacht von Samstag auf Sonntag im Landgasthof Hirschen in Ramsen verbringen, wo in den vergangenen Jahren auch Fabian Cancellara sein Lager aufgeschlagen hat. (dmu)
Nachgefragt bei Stefan Küng (BMC Racing Team): «Ein spezieller Auftritt»
Der 23-jährige Thurgauer Stefan Küng (BMC Racing Team) wohnt in Wilen bei Wil und ist eines der grössten Talente im Schweizer Radsport. Immer wieder bremsten ihn Verletzungen aus. Darum feiert er erst im dritten Jahr als Profi seine Tour-de-Suisse-Premiere. Welche Bedeutung hat der erstmalige Start an der Tour de Suisse? Stefan Küng: Für mich geht ein Traum in Erfüllung, weil jeder junge Schweizer hier starten möchte und man viele Erinnerungen an die Tour hat, als man noch klein war. Ich freue mich riesig, bin topmotiviert und werde 110 Prozent Einsatz bringen. Ihr Hauptziel ist die neunte Etappe, das Zeitfahren in Schaffhausen. Warum? Küng: Ich kenne die Strecke ziemlich gut, weil ich oft in der Gegend trainiere. Es ist quasi mein Heimrennen. Zudem werden viele Familienangehörige und Fans an der Strecke stehen und mich anfeuern. Das wird mich beflügeln. Für mich ist der erste Tourstart ein spezieller Auftritt. Wie stufen Sie Ihre Chancen ein? Küng: Es wird eine grosse Herausforderung werden, sich in diesem hochkarätig besetzten Feld durchzusetzen. Ich schätze, dass bis zu 15 Konkurrenten Siegchancen haben. Ich hoffe aber, dass mir meine Streckenkenntnisse im Zeitfahren helfen werden und ich den Tourstart mit einem Erfolgserlebnis beenden kann. Ich habe das Vertrauen in meine Fähigkeiten längst wiedergewonnen. Ich bin parat, meine grossen Ambitionen umzusetzen.
Aufgezeichnet Daniel F. Koch.