Schaffhauser lanciert Volksinitiative
Ein neues Volksbegehren will, dass die AKW bis 2029 abgeschaltet werden. Initiiert hat dieses der Schaffhauser Beat Huber. Für ihn geht es um mehr als um die blosse Wiederholung der abgelehnten Atomausstiegs-Initiative.
Es ist noch kein halbes Jahr her, da haben die Schweizer Stimmbürger die Atomausstiegs-Initiative mit 54 Prozent der Stimmen versenkt. Trotzdem verlangt ein neues Volksbegehren mit dem Titel «Atomkraftwerke abschalten – Verantwortung für die Umwelt übernehmen» nun das Gleiche noch einmal: Bis spätestens 2029 soll die Schweiz ihre fünf AKW vom Netz nehmen.
Initiiert hat diese neue Volksinitiative Beat Huber, ein freischaffender Künstler und Gestalter aus Siblingen, zusammen mit dem Verein Atomkraftwerke abschalten Schweiz. Dieser besteht nicht aus Politikern, sondern aus Bürgern. Huber ist weder in einer Partei noch hat er ein politisches Amt inne. Was ist sein Motiv? Ihm gehe es um die Sicherheit der Schweiz, sagt er den SN. «Idealerweise dürften schon heute keine AKW mehr laufen in der Schweiz. Nur wegen einer verlorenen Abstimmung sind die AKW ja nicht plötzlich weniger gefährlich. Deshalb wollen wir das Anliegen nochmals an die Urne bringen.»
«Das ist keine Zwängerei»
Für Huber habe das nichts mit Zwängerei oder mit dem Nichtrespektieren eines abgelehnten Volksentscheides zu tun. Auch stört ihn nicht, dass die neue Initiative fast identisch ist mit der Ausstiegs-Initiative. Auch sie will im Artikel 90 der Bundesverfassung ein Betriebsverbot von AKW verankern. Demnach sollen Beznau I und II ein Jahr nach der Annahme der Initiative, Gösgen 2024 und Leibstadt 2029 vom Strom gehen. Mühleberg wird 2019 ohnehin abgeschaltet. In einem weiteren Satz will die neue Initiative zusätzlich im Ausland die Ausweitung der Atomstromproduktion für den schweizerischen Energiemarkt erschweren. «Finanzstarken Einrichtungen wie den Kantonen, den Pensionskassen oder den schweizerischen Elektrizitätsunternehmen soll die Finanzierung oder die Beteiligung an ausländischen AKW zur Belieferung des Schweizer Energiemarktes verboten werden», sagt Huber.
Bis zum 16. November 2018 haben die Initianten Zeit, um die nötigen 100 000 Unterschriften zusammenzubekommen. Diese Frist ist letzte Woche im Bundesblatt veröffentlicht worden, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete. Huber zeigt sich guten Mutes, die Unterschriften fristgemäss zusammenzubringen.
Dafür ist er allerdings auf die Hilfe von anderen Atomgegnern angewiesen. Das dürfte nicht einfach werden, wie auch Huber sagt. «Nach der verlorenen Atomausstiegs-Initiative im November sind plötzlich alle Stimmen verstummt, die vorher vor der Gefährlichkeit von AKW warnten. Das war wohl Taktik, um die Energiestrategie nicht zu gefährden – diese aber geht viel zu wenig weit», sagt Huber. Für dieses Vorgehen hat Huber zwar Verständnis, für ihn ist ein Ausstieg ohne definierte Abschaltdaten jedoch kein wirklicher Ausstieg. Huber hofft insbesondere auf die Unterstützung der Allianz Atomausstieg, der 38 Organisationen wie die grossen Umweltverbände und etwa die Parteien SP und Grüne angehören.
Kaum Unterstützung von links
Deren Reaktionen fallen allerdings kritisch aus: «Wir wurden nicht über die Lancierung informiert, das ist etwas seltsam», sagt Regula Rytz, Parteipräsidentin der Grünen, den SN. Ihre Partei habe noch nicht im Detail über diese neue Initiative beraten, werde sie wohl aber nicht offiziell unterstützen. «Auch wenn unsere Atomausstiegs-Initiative mit 46 Prozent Ja-Stimmen weit über grün-rote Kreise hinaus mobilisieren konnte, müssen wir das Nein der Mehrheit akzeptieren.» Zwar habe in der Schweiz jeder das Recht, alle politischen Themen erneut aufs Tapet zu bringen. Rytz äussert aber Verständnis für Leute, welche diese erneute Initiative nun als Zwängerei empfinden. Mit der angenommenen Energiestrategie habe man zudem nun eine gangbare Alternative gefunden, und ausserdem würden die Grünen darauf pochen, dass die Sicherheitstransparenz bei den AKW erhöht werde. Ähnlich klingt es bei SP und Grünliberalen: Auch sie werden den Verein «kaum unterstützen», wie der «Tages-Anzeiger» schrieb.
Positiver äussert sich Tamara Funiciello, die Präsidentin der Juso: «Grundsätzlich unterstützen wir das Anliegen – daran hat auch das Ja zur Energiestrategie vom Sonntag nichts geändert», sagt sie den SN. Im Detail werden die Juso darüber erst nächste Woche in der Geschäftsleitung beraten, eine Unterstützung sei aber nicht unwahrscheinlich.