Das Archiv des Jazzfestivals geht online

Alfred Wüger | 
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Urs Röllin inmitten des Sammelsuriums von Archivalien. Die Dokumente sind allerdings geordneter, als es scheint. «Pro Jahrgang sind es zwei bis drei Einkaufstüten mit Dokumenten», so der Mitbegründer des Schaffhauser Jazzfestivals.Bild Selwyn Hoffmann

Rund eine Viertelmillion beträgt das Budget für die Aufarbeitung des Archivs des Jazzfestivals Schaffhausen. Vor allem die Ton- und Videodokumente sind für die künftigen Nutzer einzigartig.

Im Atelier von Urs Röllin, Jazzmusiker und 1990 zusammen mit Hausi Naef Begründer des Schaffhauser Jazzfestivals, befinden sich die Schätze, auf die nun die Hochschule Luzern ein Auge geworfen hat: die Dokumente, Bewerbungen, Tonträger aus knapp 30 Jahren Schaffhauser Jazzfestival. Die Sachen stecken in Regalen und in Einkaufstüten. Urs Röllin greift hinein und zieht Material heraus. Man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass hier noch ein gewisses Chaos herrscht, zumal inmitten des ganzen Sammelsuriums von all diesen Tüten und Schränken auch ein Hometrainer und ein altes Velo stehen. Und auch ein Computer.

Dokumente und Tonmaterial

«Ja», sagt Röllin, «es gibt viel zu tun. Der Hometrainer und das Velo gehören nicht dazu. Der Computer hingegen schon.» Er müsse jetzt jede Datei, die nicht selbsterklärend sei, betiteln. Ausserdem seien alle Verträge, Bewerbungsunterlagen der Bands der vergangenen 27 Jahre zu sichten. Am Anfang hätten die Musiker Tonkassettchen geschickt, später dann selbst gebrannte CDs. «Die ersten 15 Jahre haben wir jeweils die CDs behalten, die Begleitbriefe aber weggeworfen», sagt Urs Röllin, «das war ein grosser Fehler.» Auf den habe ihn dann ein Historiker, der von diesem Vorgehen erfuhr, aufmerksam gemacht. «Seither haben wir alle Originalbewerbungen behalten.»

Hausi Naef führt ein zweites Archiv in seinen Arbeitsräumen in der Kammgarn. Er öffnet die Schubladen. Hier ­lagern alte Plakate, Werbefahnen, Bierdeckel, Kalender, Fotos. Alles fein säuberlich nach Jahrgang abgelegt. Ob er denn gleich beim ersten Festival die Vision gehabt habe, dass das alles mal von derart grossem Interesse sein würde. «Ich bin ein leidenschaftlicher Sammler», gibt Hausi Naef zur Antwort. «Dass sich jetzt die Hochschule Luzern für diese Dinge interessiert, entlastet mich allerdings enorm.» Er deutet auf ein Möbel und sagt: «Dieser ganze Schrank ist voller CDs, und zu Hause habe ich noch einmal 1000 Stück sowie 400 der früher üblichen Tonbandkassetten. Das geht alles kaputt und muss dringend aufgearbeitet werden.»

Viele archivwürdige Gegenstände befinden sich allerdings in Privatbesitz, einige Lampen, die von Linda Graedel bemalt wurden, etwa oder ein Brief von George Gruntz, den Hausi Naef hütet. «Diese Sachen vermache ich dann einmal testamentarisch dem jetzt entstehenden Archiv», sagt er.

Devotionalien wie Instrumente oder persönliche Gegenstände von Musikern befinden sich im Übrigen nicht im Archiv. Aber viele Ton- und vor allem auch Bilddokumente. Röllin: «Wir haben seit einigen Jahren unseren Videokanal, und dort ist jedes Konzert dokumentiert. Bereits jetzt ist mit 150 000 Klicks das Interesse enorm.»

Staatsarchivar Roland E. Hofer begrüsst das Interesse der Hochschule Luzern an den Archivalien des Schaffhauser Jazzfestivals. «Die Hochschule hat ja bereits das Willisauer Jazzfestival wissenschaftlich aufgearbeitet, und das Resultat ist fantastisch. Wir reden bei einem solch modernen Archiv von einer komplexen Datenbank. Damit hat die Hochschule Luzern Erfahrung. Wenn wir im Kanton Schaffhausen eine solche Datenbank aufbauen müssten, dann wäre das angesichts knappster Finanzen nicht prioritär. Und anderseits müssten wir viel mehr Geld in die Hand nehmen.» Das Staatsarchiv will aber die nun anrollende Arbeit unterstützen. «Wie genau das geschehen soll, wird im Augenblick abgeklärt.»

2019 soll die Vernissage sein

Das Budget für das Archiv des Schaffhauser Jazzfestivals beläuft sich auf rund 250 000 Franken. Nach dem diesjährigen Jazzfestival, das vom 10. bis zum 15. Mai stattfindet, wird das Material sortiert und verpackt und nach Luzern und Lugano transportiert, wo das alles ab Oktober dann digitalisiert und katalogisiert wird. Im März 2018 wird dann der Onlineauftritt vorbereitet, und im Mai 2019 ist die Vernissage des Jazzarchivs und der Webseite im Rahmen des 30. Jazzfestivals Schaffhausen vorgesehen.

«Am Anfang behielten wir nur die CDs, nicht aber die Begleitbriefe der Bewerbungen. Das war ein Fehler.»

URS RÖLLIN

Mitbegründer des Schaffhauser Jazzfestivals

«Gegenstände aus meinem Privatbesitz und die ich noch brauche, vermache ich später dem neuen Archiv.»

HAUSI NAEF

Mitbegründer des Schaffhauser Jazzfestivals

Das Jazzarchiv Ein Projekt der Hochschule Luzern

AusgangslageDas Jazzfestival Schaffhausen wird seit 1990 durchgeführt und präsentiert seit seinen Anfängen ausschliesslich improvisierte Musik mit engem Bezug zur Schweiz. Als Werkschau für den Schweizer Jazz ist dieses Festival einzigartig.

KonzeptDas Schaffhauser Jazzfestival schenkt seine Dokumente der Hochschule Luzern und der Schweizer Nationalphonothek. Diese Quellen werden archiviert und digital über den Online­auftritt des Schaffhauser ­Jazzarchivs der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

ZielePer 31. Mai 2019 sind die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Quellen des Jazzfestivals Schaffhausen archiviert. Per 31. Mai 2019 ist eine datenbank-basierte Webseite entstanden,

die die Geschichte des Jazzfestivals Schaffhausen dokumentiert. Die Übergabe künftiger Quellen ist vertraglich gesichert.(Wü.)

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