Fit für zukunftsorientierte Jobs: So begleitet die Stiftung Impuls künftige Fachkräfte zurück in den Arbeitsmarkt
Mit dem Angebot einer Mediamatik-Ausbildung geht die Stiftung Impuls in der Arbeitsintegration neue Wege. Geschäftsleiterin Andrea Katirci erklärt, wie sich durch künstliche Intelligenz das Berufsbild im kaufmännischen Bereich verändert hat. Und wie die Stiftung darauf reagieren will, um eine Integration von Fachkräften in Berufen mit langfristigem Potenzial sicherzustellen.
Frau Katirci, die Stiftung Impuls hat diesen Herbst ein neues Pilotprojekt, die Ausbildung von MediamatikerInnen EFZ, lanciert. Wie ist es zum Projekt gekommen?
Andrea Katirci: Entstanden ist die Idee während meiner Weiterbildung «Arbeitsintegration und zukunftsorientierte Entwicklung». Diese absolvierte ich gerade zu der Zeit, als die künstliche Intelligenz (KI) in der breiten Öffentlichkeit Fuss fasste, und so beschloss ich, meine Diplomarbeit zum Thema «Die Auswirkungen von KI auf den kaufmännischen Beruf» zu schreiben. Dazu entwickelte ich einen Fragebogen, den ich Firmen zustellte. Die allermeisten Unternehmer sehen KI als Chance, gaben aber auch an, dass sie dadurch grosse Auswirkungen auf die Berufsfelder erwarten, gerade auch im kaufmännischen Bereich (KV). Aufgrund ihrer Antworten erkannte ich, wie drastisch sich das KV-Berufsbild in den letzten Jahren geändert hatte.
Inwiefern?
Katirci: Indem ehemals gefragte Fähigkeiten wie Zuverlässigkeit, Genauigkeit und grammatikalische Kenntnisse nicht mehr als zentrale Schlüsselfaktoren angesehen werden. Vielmehr werden heute Fähigkeiten wie höchste Flexibilität, vernetztes Denken und lebenslanges Lernen gesucht. Also oft ganz konträre Eigenschaften zu denjenigen von einst.
Und wie entstand aus dieser Erkenntnis das Ausbildungsangebot in der Mediamatik?
Katirci: Ich kam ins Nachdenken darüber, was dies alles für uns als Arbeitsintegrationsstelle bedeutete. Wie können wir unsere Teilnehmer im KV-Bereich unterstützen, die nun plötzlich mit einem völlig neuen Anforderungsprofil konfrontiert sind? Während dieser Zeit lernte ich das Projekt «Fundpark» der Firma Grundlagenwerk AG kennen – einer Denkwerkstatt, die Projekte für die Arbeitsintegration entwickelt. Das Projekt beinhaltet ein Ausbildungsangebot in der Mediamatik. Das Angebot erschien mir als eine mögliche Lösung, da es sich um ein Arbeitsfeld mit sehr viel Zukunftspotenzial handelt.
Das Angebot, das die Auszubildenden entwickeln und anbieten werden, sind soziale Crowdfundings (Gruppenfinanzierungsprojekte). Wie kann man sich das Angebot vorstellen?
Katirci: Die Firma Grundlagenwerk gibt vor, dass es sich beim angebotenen Produkt um ein soziales Projekt handeln soll. Denn Projekte in diesem Bereich machen Freude und vermitteln Sinnhaftigkeit. Crowdfundings zu entwickeln, eignet sich insofern speziell gut für die Ausbildung, da sie einen gesamten Kampagnenprozess umfassen. Von der Auswahl, Planung, Wahl eines Kommunikationsmediums bis hin zur Durchführung, Abschluss und Nachbetreuung müssen alle Schritte gegangen werden. Je nach Art des Crowdfundings sind auch jedes Mal wieder andere Fähigkeiten gefragt. Einmal braucht es vielleicht vor allem fotografische Kenntnisse, ein anderes Projekt wird mit Videos begleitet. So können die Lernenden, die für ihren Beruf benötigten Fähigkeiten im Betrieb praktisch in verschiedenen Projekten erlernen.
Momentan findet ein Testlauf statt: Seit Mitte Dezember läuft ein Crowdfunding für eine Bienenoase. Weshalb sammeln Sie Spenden für Bienen?
Katirci: Jedes Jahr arbeiten wir nach einem bestimmten Motto, das wir dann in allen Bereichen der Stiftung mit verschiedenen Aktivitäten zum Leben erwecken. Dieses Jahr war es das Motto «Fachkräftemangel in der Natur». Bienen kämpfen mit der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage, wodurch wir schlussendlich alle leiden. So war klar, dass auch das Crowdfunding in einem Zusammenhang mit dem Thema «Bienen» stehen sollte, und wir sind auf das Projekt «Bienenoase 2.0» gestossen. Das Ziel ist die finanzielle Unterstützung von 50 Quadratmeter zusätzlicher Blüh- und Ruheflächen für Bienen, deren Umsetzung durch den lokalen Verband Immobienen.ch erfolgen wird.
Ein sehr schönes Motto, das bildlich ja auch für Ihre Stiftungsarbeit steht. Auch Sie versuchen durch ihre Arbeit dem «menschlichen» Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Katirci: Ja, das ist so. Einerseits ist der Fachkräftemangel eine Chance für uns, da die Aussichten auf einen Job für unsere Teilnehmenden steigen, andererseits bringt er jedoch auch grosse Herausforderungen mit sich. Denn der Mangel an Fachkräften herrscht oft in Berufsfeldern, die sich gerade erst entwickeln, während niederschwellige Arbeiten immer mehr verloren gehen. Das bedeutet, dass sich auch die Arbeitsintegration wandelt und mit der Zeit gehen muss, sprich wir müssen Mittel und Wege finden, unsere Teilnehmenden für diese neue Arbeitswelt zu befähigen.
Welchen Schwierigkeiten begegnen Sie auf diesem Weg?
Katirci: Vielfach wird in der Arbeitsintegration eine möglichst rasche Integration angestrebt. Der Vorteil einer zeitnahen Integration ist, dass beispielsweise arbeitslose Personen nicht lange von ihrem angestammten Berufsfeld fernbleiben. Das erleichtert die Stellensuche erheblich. Auf lange Sicht gesehen, streben wir jedoch eine nachhaltige Integration mit Eignungs- und Berufsabklärung und entsprechenden Qualifizierungsprogrammen an. Denn die Berufswelt ändert sich rasant und in der Stiftung erachten wir es als wichtig, Menschen in Berufe mit Zukunft zu entwickeln und zu begleiten. Damit schaffen wir eine Win-Win Situation für die Wirtschaft im Zeitalter des Fachkräftemangels sowie auch für die Stellensuchenden, die damit Stabilität und positive berufliche Perspektiven erhalten.
Nachhaltige Integration bedeutet also, Ihre Teilnehmenden in zukunftsorientierten Berufsfelder zu qualifizieren?
Katirci: Genau. Womit sich auch der Kreis mit dem Ausbildungsangebot in der Mediamatik wieder schliesst. Denn denkbar sind neben der Ausbildung auch Weiterbildungen in Teilbereichen dieses Berufs, womit beispielsweise gerade auch Personen mit einer KV-Ausbildung Zusatzqualifikationen erlangen könnten, die ihnen gegenüber Mitbewerbern Vorteile verschaffen.