Sarco-Chef weiter in U-Haft: Sein Verteidiger kritisiert Schaffhauser Behörden scharf
Gegen Florian Willet, Co-Präsident der Sarco-Organisation The Last Resort, wird im Zusammenhang mit dem ersten Tod in der Suizidkapsel in Merishausen wegen vorsätzlicher Tötung ermittelt. Nun übt sein Verteidiger scharfe Kritik an den Schaffhauser Behörden.
Am 23. September starb eine 64-jährige Amerikanerin in der Suizidkapsel Sarco in Merishausen. Es war der weltweit erste Einsatz der Todesmaschine. Florian Willet, einer der führenden Köpfe der Organisation «The Last Resort», sitzt seitdem wegen Verdachts auf Beihilfe zum Suizid «aus selbstsüchtigen Beweggründen» in U-Haft.
Auch steht der Verdacht der vorsätzlichen Tötung im Raum. Die Verstorbene wies nämlich schwere Nackenverletzungen auf. Willet war während des Sarco-Einsatzes in Merishausen vor Ort. Die Schaffhauser Staatsanwaltschaft hat bislang keine weiteren Angaben zur mutmasslichen Fremdeinwirkung gemacht.
Nun meldet sich Florian Willets Anwalt Petar Hrovat zu Wort. Im Gespräch mit der «NZZ» kritisiert er den fehlenden Zugang zu Akten als «eklatante Verletzung der Verteidigungsrechte».
Keine neuen Akten vorgelegt
Der Autopsiebericht liege nach wie vor nicht vor, erklärt Hrovat. Der Verteidiger sieht keine Anhaltspunkte für vorsätzliche Tötung. Demnach habe die Staatsanwaltschaft selbst ein Dokument vorgelegt, wonach im Halsbereich der Verstorbenen keine DNA-Spuren von Willet gefunden worden seien.
Was Hrovat ebenfalls stört: Die Staatsanwalt behandle Willet wie jemanden, der sich komplett verweigere. «Mein Mandant kooperiert voll und ganz und hat keine Absicht, etwas zu verheimlichen.» Willet habe ausführliche Aussagen gemacht und sich nicht dagegen gewehrt, dass die Ermittler sein Handy und sein Tablet auswerten.
Vergangene Woche habe das Zwangsmassnahmengericht in Schaffhausen entschieden, das Gesuch auf Haftentlassung abzulehnen. Dafür hat Hrovat kein Verständnis. Denn die Staatsanwaltschaft habe keinerlei neue Akten vorgelegt seit der Verhandlung vom 25. September, als die U-Haft beschlossen wurde.
Staatsanwaltschaft lehnt Nitschke-Befragung ab
Sarco-Erfinder Philip Nitschke und seine Ehefrau Fiona Stewart, die ebenfalls in der Leitung der Organisation involviert ist, verfolgten die Premiere der Kapsel aus sicherer Distanz per Live-Übertragung und boten der Schaffhauser Staatsanwaltschaft eine Befragung in der Schweiz an, was jedoch abgelehnt wurde, so «The Last Resort» in einem Communiqué.