Nach Prügelattacke in Anwaltswohnung: Opferschutz-Petition erreicht 4200 Unterschriften – Demo angekündigt
Nach dem Bekanntwerden einer Prügelattacke in einer Schaffhauser Anwaltswohnung fordern Unterzeichnerinnen und Unterzeichner einer Petition Aufklärung und Konsequenzen. Das Queerfeministische Bündnis Schaffhausen hat eine Demonstration für Samstag angekündigt. Die Behörden haben die Demonstration bewilligt.
Am Mittwochabend machte die Rundschau öffentlich, wie mehrere Männer im Dezember 2021 eine Frau in einer Schaffhauser Anwaltswohnung brutal verprügelten. In dem Beitrag werden Vorwürfe gegen die Behörden laut, ein renommierter Strafverteidiger nennt das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft «unglaublich», von «Befehlsverweigerung» ist die Rede. Die Behörden weisen jegliche Schuld von sich, wehren sich vehement: «Zum Zeitpunkt als wir handeln mussten, haben wir gemacht, was wir für richtig empfunden haben und was auch richtig war», sagt Staatsanwalt Andreas Zuber gegenüber den SN.
Die Prügelattacke macht viele betroffen – das Vorgehen der Behörden wütend. Über 4200 Personen (Stand 17.17 Uhr am Freitag) beteiligen sich an einer Petition an Polizei, Staatsanwaltschaft, Regierungsrat und Kantonsrat. Sie fordern: «Überlebende statt Täterschaft schützen.» Konkret verlangen sie:
- Die Einrichtung einer unabhängigen Meldestelle für polizeiliches Fehlverhalten.
- Eine unabhängige Untersuchungskommission, die den Fall, das polizeiliche Fehlverhalten sowie das Vorgehen der Staatsanwaltschaft lückenlos und transparent aufklärt.
- Die Umsetzung der Istanbul-Konvention – ein Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – sowie die Publikation eines Bericht zu deren Umsetzung.
- Mehr finanzielle und personelle Mittel für die Fachstelle für Gewaltbetroffene in Schaffhausen.
- Einen Ausbau der Zusammenarbeit zwischen polizeilichen Behörden und der Fachstelle für Gewaltbetroffene.
- Die Einführung des sogenannten «Berner Modells», um Überlebenden von sexualisierter Gewalt ein professionelles Hilfsangebot zu bieten.
- Einen detaillierten Bericht über die erfassten Fälle von geschlechtspezifischer Gewalt und eine Einschätzung der Dunkelziffer bezüglich sexualisierter Gewalt des Kanton Schaffhausen.
- Dass der erste Staatsanwalt, die Verantwortlichen der Kriminalpolizei und den Kommandanten der Schaffhauser Polizei Verantwortung übernimmt.
Auch richten sich die Unterzeichnenden mit Fragen an die Behörden. Sie wollen wissen, ob die Polizeikräfte, die im Einsatz standen, eine Schulung im Umgang mit geschlechterspezifischer Gewalt durchlaufen haben, welche personellen und strukturellen Konsequenzen Polizei und Staatsanwaltschaft aus dem Fall ziehen werden, wie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einer polizeilichen Untersuchung sichergestellt wird und welche strukturellen Probleme Staat und Justiz erkennen. Ausserdem wollen sie wissen, welche Konsequenzen – sollten sich die Vorwürfe erhärten – auf die Täter zukommen und warum keine vorsorglichen Massnahmen ergriffen wurden.
Demonstration für Samstag ist bewilligt
Neben der Petition wird in den Sozialen Medien und in Messanger-Apps zur Demonstration «gegen sexuelle Übergriffe und die beleidigend schlechte Polizeiarbeit» am Samstag um 10.45 Uhr «vor den Toren der Polizei» (Beckenstube 1) aufgerufen. «Wir können nicht fassen, was die Verantwortlichen hier abgezogen haben und sind entsetzt über die fragwürdige Arbeit der Schaffhauser Polizei und ihrer offensichtlichen Ungleichbehandlung der Bevölkerung, welche wieder einmal klar aufgezeigt wurde», schreiben die Organisatoren in ihrem Aufruf. Angemeldet hat die Demonstration das Queerfeministische Bündnis Schaffhausen.
Gemäss Anmeldung rechnen die Veranstaltenden mit 20 bis 30 Demonstrierenden. Die Behörden haben die Demonstration am Freitag bewilligt, gehen angesichts der Verbreitung des Aufrufs über die Sozialen Medien aber davon aus, dass mehr Personen erscheinen werden. Verschärfte gebe es an sich keine, heisst es vonseiten der Behörden auf Anfrage der SN. Weil die Demonstration allerdings direkt vor dem Polizeiposten stattfindet, gilt eine zusätzliche Auflage, dass die Demonstrierenden die Ein- und Ausfahrt des Postens für Einsatzfahrzeuge freihalten müssen.