Nach der Steuervorlage droht nun auch der AHV-Absturz

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Bei der AHV-Reform sind die Fronten verhärtet, dabei hätte es gute Vorschläge gegeben, sagt Hannes Germann. Bild: Key

Dunkle Wolken hingen nicht nur am Himmel, sondern auch über der bisherigen Frühjahrssession. Denn bei der Altersvorsorge 2020 fehlt bisher jegliche Konsensbereitschaft. Damit droht nach erbittertem Grabenkampf nun der totale Absturz der Vorlage.

von Hannes Germann

Geldspielgesetz, Altersvorsorge 2020, Schwarzarbeit und Stabilisierungsprogramm: Zwei wahrhaft bewegte Sessionswochen liegen hinter uns. Dies nicht zuletzt wegen der verschiedenen Geschäfte, die sich im Stadium der Differenzbereinigung befinden. Sie sorgen für ein Pingpong zwischen den beiden Räten. Und bescheren uns zusätzliche Morgen-, Mittags- oder Abendsitzungen in den jeweiligen Kommissionen. Immerhin zeichnet sich beim Stabilisierungsprogramm eine Einigung ab, sodass im Bundeshaushalt rund eine Milliarde eingespart werden kann. Auch bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit sollten sich die letzten Differenzen ausräumen lassen. Das Ziel: ein griffigeres Gesetz, ohne den Bürokratieaufwand für die (ehrlichen) Unternehmen unverhältnismässig zu erhöhen.

Schwieriger wird der Kompromiss bei der Altersvorsorge 2020 zu finden sein. Setzt sich das Modell Ständerat oder das Modell Nationalrat durch? Die Positionen sind völlig festgefahren. CVP und SP, die im Ständerat die Mehrheit haben, beharren auf einer Erhöhung der AHV um 70 Franken. Zudem nehmen sie zur Finanzierung eine Verknüpfung mit der beruflichen Vorsorge (BVG) vor. Der Anfang einer neuerlichen Umverteilung, die sich bei künftigen Anpassungen im BVG als fatal herausstellen könnte.

Mit meinem Rechtsempfinden indes gar nicht vereinbar ist die Schaffung zweier Kategorien von AHV-Bezügern. Privilegiert würden die 45- bis 65-Jährigen (mehr AHV, keine Einbussen beim BVG), diskriminiert würden alle bisherigen Rentner, auch die Ehepaare. Also ausgerechnet jene Generation, in der noch nicht alle über eine wohlausgebaute Pensionskasse verfügen, sondern die in höherem Masse auf die AHV angewiesen ist als die künftige Rentnergeneration. Und bezahlen müssten die ganze Chose die heute unter 45-Jährigen und die nachfolgenden Generationen mit höheren Lohnabzügen. Auf der Seite der Zahler sind in allen Modellen die Frauen, deren AHV-Alter auf 65 Jahre angehoben wird.

Das sogenannte Modell Nationalrat ist im Ständerat in der Minderheit (FDP und SVP) geblieben. Dabei gibt es zwei Varianten aus der Kommission. Ständerat Kuprecht will eine Erhöhung der AHV-Minimalrente um 450 Franken auf 1625 Franken für alle (bisherige und Neurentner), was immer noch 300 bis 400 Millionen pro Jahr weniger kosten würde als die 70 Franken nach dem Giesskannenprinzip. Damit könnten gezielt die tiefsten Renten von heute lediglich 1175 Franken in einem Akt der Solidarität angehoben werden – für bisherige wie für Neurentner. Die andere Variante (Ständerätin Keller-Sutter) setzt mit der Abschaffung des Koordinationsabzugs beim BVG an. Das wiederum würde den künftigen Generationen aus Tieflohnbranchen (Gastro, Hotellerie, Verkauf usw.) dienen.

Doch beide Minderheitsvarianten auf der Basis des nationalrätlichen Modells fanden keine Mehrheit. So wird es wohl in der Einigungskonferenz zum Showdown kommen. Dort bietet sich die letzte Gelegenheit für eine trag­fähige Kompromisslösung.

Nächste Woche steht meine Motion zur Beibehaltung der bewährten Prämienregionen auf dem Programm. Werden sie abgeschafft, drohen auf der Landschaft massiv höhere Krankenkassenprämien, was völlig inakzeptabel ist. Es liegt ein Ordnungsantrag vor, wonach sich die zuständige Kommission mit dem Ansinnen befassen möchte. Mit den Schlussabstimmungen geht die dritte Sessionswoche zu Ende. Das will freilich nicht heissen, dass uns in Bern die Arbeit ausgeht. Für mich beginnt jedenfalls bereits am Montagmorgen eine reich befrachtete (zwei­tägige) Sitzung mit der Wirtschafts- und Abgabenkommission (WAK-S). Es geht dort um Themen wie die Besteuerung landwirtschaftlicher Grundstücke, die Hornkuh-Initiative, Preisdumping beim Zucker usw. Mit der steuerlichen Behandlung finanzieller Sanktionen (Abzugsfähigkeit von Bussen), der Vollgeld-Initiative sowie den Folgen der Negativzinsen für Pensionskassen stehen indes auch Themen mit grossen finanziellen Auswirkungen an. Sie dürften uns im Ständerat dann ab Ende Mai beschäftigen.

Hannes Germann (SVP) ist Schaffhauser Ständerat.

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