Die Aufgaben der Feuerwehren neu verteilt

Daniel Jung | 
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Viele Fusionen gab es in den letzten Jahren bei den Feuerwehren im Kanton Schaffhausen. Nun wurde das Brandschutzgesetz an die neuen Realitäten angepasst.

Gemäss Statistik der Feuerpolizei gab es im Jahr 2016 im Kanton Schaffhausen 638 Feuerwehreinsätze, also fast zwei pro Tag. Insgesamt leisteten die knapp 1700 Feuerwehrleute der 19 Organisationen im Kanton bei diesen Einsätzen 10 337 Arbeitsstunden bei der Brandbekämpfung, bei Überschwemmungen, bei der Ölwehr und weiteren Einsatzgebieten. 2016 retteten Feuerwehrleute im Kanton 19 Personen, die sich nicht selber aus ihrer Notlage hätten befreien können.

Seit Mittwoch, 1. März, ist im Kanton nun das revidierte Brandschutzgesetz in Kraft. Damit wurden einerseits die kantonalen Vorschriften an die nationalen Vorgaben im baulichen Brandschutz angeglichen. Andererseits hatte sich in den letzten Jahren ein Widerspruch zwischen den tatsächlichen Strukturen der Feuerwehren und dem alten Gesetz entwickelt. Viele ehemalige Ortsfeuerwehren hatten sich im letzten Jahrzehnt zu schlagkräftigen Verbandsfeuerwehren zusammengeschlossen. Zwar wurden deshalb bereits Aufgaben von den bisherigen vier Stützpunktfeuerwehren – Schaffhausen, Neuhausen am Rheinfall, Stein am Rhein und Thayngen – an andere Feuerwehren übertragen. «Für die Erfüllung von ortsübergreifenden Aufgaben war das Gesetz bisher aber zu statisch auf die Stützpunkte ausgerichtet», sagt Andreas Rickenbach, Dienststellenleiter der kantonalen Feuerpolizei.

Flexiblere Aufgabenzuweisung

Im neuen Gesetz verbleibt nun die Feuerwehr der Stadt Schaffhausen als einziger Stützpunkt. Sie kommt neu aber meist erst als dritte Kraft zum Einsatz – ausser in Spezialfällen wie etwa der Chemiewehr und bei der Nachbarschaftshilfe. Kann ein Ereignis nicht von einer Feuerwehr allein bewältigt werden, so wird im neuen System jeweils eine vordefinierte Nachbarwehr zur Unterstützung aufgeboten – oder eine Feuerwehr mit regionalen Aufgaben (siehe Kasten unten). Ein wichtiger Vorteil der Nachbarschaftshilfe ist der Zeitgewinn: Die Feuerwehr aus der Nachbarschaft ist schneller im Einsatz als eine weiter entfernte. «Die Unterstützung durch die Stützpunktfeuerwehr ist heute nur noch in Ausnahmefällen nötig», sagt Rickenbach.

Zwar gibt es im neuen Gesetz nur noch einen Stützpunkt – von einer Zentralisierung könne aber nicht die Rede sein. «Durch die starken Verbände können die Aufgaben eher aus den Regionen selbst heraus erfüllt werden», sagt Rickenbach. Durch die Ausstattung mit Drehleitern sind in den letzten Jahren etwa die Verbandsfeuerwehr HOT (Hallau, Oberhallau, Trasadingen) oder der WVO (Wehrdienstverband Oberklettgau) wichtiger geworden.

Insgesamt stosse das neue System auf grosse Akzeptanz. «Man kennt sich gegenseitig und weiss, dass auch die anderen Wehren kompetent sind», sagt Rickenbach. Die abweisende Haltung («Das isch euses Füür!»), die es früher gegen fremde Feuerwehren gegeben habe, sei heute kaum mehr anzutreffen.

Zusammenschlüsse gefördert

Der Strukturwandel in der Feuerwehrlandschaft wurde vom Kanton gefördert: Im alten Brandschutzgesetz erhielten Feuerwehrverbände höhere Subventionen für ihre Fahrzeug- und Materialanschaffungen. Neben den finanziellen Vorteilen für die Gemeinden waren zum Teil aber auch Nachwuchsprobleme beim Kader für Feuerwehrfusionen ausschlaggebend. Und: «Mit den Verbandsfeuerwehren sind sehr schlagkräftige Organisationen entstanden», betont Rickenbach. In den Verbänden sei in die persönliche Ausrüstung, die technischen Geräte, die Motorisierung, die Einsatztaktik und die Löschmittel investiert worden.

Wo es vor 30 Jahren zusätzlich zu den Ortsfeuerwehren auch noch 22 Betriebsfeuerwehren im Kanton gab, haben heute nur noch fünf grosse Unternehmen eine eigene Feuerwehr. «Die Betriebsfeuerwehr hat an Bedeutung verloren», sagt Rickenbach. In bestimmten Chemiebetrieben und im Spital sei es aber weiterhin sinnvoll, eigene Feuerwehren zu unterhalten.

Neue Subventionierung

Mit dem neuen Gesetz werden auch die finanziellen Anreize angepasst: Neu profitieren etwa Träger von regionalen Aufgaben von einer 100-Prozent-Subventionierung für diejenigen Fahrzeuge und das Zubehör, welche primär im regionalen Bereich eingesetzt werden. Fahrzeuge mit Einsatzschwerpunkt im eigenen Gebiet, aber mit Zusatzaufgaben in der Region, werden mit 70 Prozent subventioniert. Material und Fahrzeuge für den Ortseinsatz werden mit 50 Prozent vergütet.

«Letztlich schauen wir bei jedem einzelnen Fahrzeug auf den Zweck», sagt Jürg Bänziger, Feuerwehrinspektor des Kantons Schaffhausen. Generell sei die finanzielle Unterstützung durch den Kanton aber einfacher geworden, weil etwa die persönliche Ausrüstung und das Kleinmaterial nun mit einer Pauschale vergütet werde. «Somit wurde auch der unternehmerische Spielraum der Feuerwehren vergrössert», so Bänziger. Insgesamt war es das Ziel, die Revision für den Kanton kostenneutral zu halten.

Moderne Technik: Elektroautos und Solardächer erschweren die Arbeit, neue Kameras erleichtern sie

Viele Häuser verfügen heute auf den Dächern über Fotovoltaik-Anlagen, wo auch im Brandfall gefährlicher Strom fliessen kann. Im Strassenverkehr sind Hybrid- und Elektrofahrzeuge unterwegs, die über potenziell gefährliche Batterien verfügen. Wie begegnet die Feuerwehr solchen technologischen Veränderungen?

«Das sind natürlich Herausforderungen», sagt Jürg Bänziger, Feuerwehrinspektor des Kantons Schaffhausen. Die Feuerwehren müssten sich entsprechend wandeln. Dies werde durch Ausbildung erreicht, wo technologische Themen ein wichtiger Bestandteil sind. «Da geht es etwa um die Frage, wo man bei einem Tesla schneiden darf, ohne dass es gefährlich wird», erklärt der Feuerwehrinspektor. Wobei der Tesla ein einfach zu erkennendes Elektrofahrzeug sei – bei anderen Marken sei die Unterscheidung zwischen Verbrennungs- und ­E-Antrieb schwieriger. Während neue Sicherheitstechnik den Insassen von verunfallten Fahrzeugen direkt zugutekommt, kann sie aufgrund der Bauweise bei der Rettung neue Schwierigkeiten aufgeben. Jedoch habe sich die Feuerwehr schon immer an technische Veränderungen angepasst.

Anderer Fortschritt erleichtert die Arbeit der Feuerwehren: Bei Baumaterialien und der Brandschutz-Planung wurden deutliche Fortschritte gemacht. Viele Gebäude mit erhöhter Brandlast oder Personengefährdung sind heute mit Brandmeldern oder Sprinkleranlagen ausgestattet. Direkt wird die Brandbekämpfung durch Überdrucklüfter und Wärmebildkameras verbessert, die heute alle Feuerwehren im Kanton besitzen. Die Kameras sind nützlich, um Brandnester in Decken und Wänden zu entdecken.


Feuerwehren: Träger regionaler Aufgaben

Früher war vorgesehen, dass primär die Stützpunktfeuerwehren die Orts-, Verbands- und Betriebswehren bei Bedarf unterstützen. In der neuen Brandschutzverordnung nimmt die Nachbarschaftshilfe unter den Wehren eine wichtige Rolle ein. Zudem werden Feuerwehren dort die nachfolgend aufgelisteten regionalen Aufgaben zugewiesen.

  • Autodrehleiter- und Hubrettungs- fahrzeugeinsätze: Hallau-Oberhallau-Trasadingen, Neuhausen, Schaffhausen, Stein am Rhein- Hemishofen, Thayngen, Oberklettgau
  • Unfallrettungen:Neuhausen, Schaffhausen, Stein am Rhein- Hemishofen, Thayngen, Oberklettgau
  • Wassertransporte:Stein am Rhein-Hemishofen, Schaffhausen, Thayngen, Oberklettgau
  • Einsätze auf der Nationalstrasse: Neuhausen, Schaffhausen

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