Hospiz: Spezialisierte Palliative Care – Lebensqualität bis zuletzt





Seit Eröffnung des Hospizes im Kompetenzzentrum Schönbühl am 1. Oktober 2019 erweist es sich als nicht mehr wegzudenkender Eckpfeiler in der Begleitung von schwerkranken Menschen in ihrer letzten Lebenszeit. Die Stiftung Schönbühl ist stolz darauf, dieses wertvolle Angebot im Auftrag des Kantons zu leisten. Aus Anlass unseres 25-Jahr-Jubiläums berichten wir bis Frühling 2022 in loser Folge über Schwerpunkte unserer Dienstleistungen.
Im Februar 2019 beschloss der Schaffhauser Kantonsrat das neue Palliative-Care-Konzept. Das Kompetenzzentrum Schönbühl wurde dazu als geeigneter Ort zur Einrichtung des dazu vorgesehenen Hospizes bestimmt. Seither ist es bei der Begleitung schwerkranker Menschen in der letzten Lebenszeit nicht mehr wegzudenken. Im Hospiz geht es einzig ums Menschsein. Die verbleibende Lebenszeit in Würde und Geborgenheit gestalten – betreut durch ein interdisziplinäres Fachteam. Der schwerkranke, sterbende Mensch bestimmt das Geschehen. Alles ist darauf ausgerichtet, dass er seine letzte Lebenszeit nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen erleben kann. Angehörige können ungehindert und zeitlich unbeschränkt anwesend sein. Auch für sie ist das Hospiz mit seiner ruhigen, warmen Atmosphäre ein Ort des friedvollen Loslassens.
Ein wichtiger Aspekt der palliativen Pflege ist es, sich für die Patientinnen und Patienten Zeit nehmen zu können. Bild Stiftung Schönbühl
Der Mensch allein zählt
Für die Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen wurde im Hospiz Schönbühl ein interprofessionelles, gut harmonierendes Team aufgebaut. Die fünf Pflegefachfrauen des Tagesteams – Susanne Holenstein, Barbara Ochsner, Tina Rüsch, Sabine Stohler und Karin Strickler – geben Auskunft über einige Kernfragen ihres beruflichen Wirkens.
Hospiz und Palliative Care – was genau ist damit gemeint?
Tagesteam: Ein Hospiz ist eine spezialisierte Einrichtung mit einem eigenständigen Versorgungsauftrag und erbringt für Menschen mit unheilbaren Krankheiten in ihrer letzten Lebensphase eine palliative-pflegerische und palliative-medizinische Versorgung. Palliative Care meint alle Massnahmen, die das Leiden eines unheilbar kranken Menschen lindern und ihm so eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende bieten. Der Begriff «Palliative Care» setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort «pallium» für einen mantelähnlichen Umhang sowie dem englischen Wort «care» für Pflege. In «Palliative Care» steckt aber auch «I care for you» – also auch: «Ich sorge mich um dich». Und: «Du bist mir wichtig.»
Für wen ist Palliative Care gedacht und wer findet Aufnahme im Hospiz Schönbühl?
Tagesteam: Spezialisierte Palliative Care ist ein Angebot für Menschen in schwierigen, komplexen Situationen in einer oder mehreren dieser vier Dimensionen: 1. körperlich, 2. psychisch, 3. sozial/familiär/kulturell/organisatorisch, 4. existentiell/spirituell/religiös. Grundsätzlich steht das Hospiz Schönbühl erwachsenen Personen ab dem 18. Lebensjahr offen. Während der Pilotphase bis September 2022 ist das Hospiz Schönbühl ausschliesslich für Menschen aus dem Kanton Schaffhausen zugänglich.
Welche Fachrichtungen sind in der interdisziplinären Zusammenarbeit im Hospiz vertreten?
Tagesteam: Wir arbeiten eng zusammen mit den fünf externen Hospizärzten. Die Hospizärzte sind erfahrene Hausärzte aus unserer Region und haben eine Grundausbildung in Palliativmedizin absolviert. Zusammen mit den zehn internen Pflegefachpersonen bilden sie das Kernteam. Zum erweiterten Team gehören zwei Seelsorger, eine Psychoonkologin, eine Sozialarbeiterin sowie Physiotherapeutinnen. Das Pflegeteam wird unterstützt von freiwilligen, ehrenamtlichen Hospizmitarbeiterinnen, die den Patienten Zeit schenken für Gespräche oder Spaziergänge.
Was motiviert Sie dazu, als Pflegefachperson in einem Hospiz zu arbeiten?
Tagesteam:
- Sich Zeit nehmen zu können für die Patientinnen und Patienten, ihr Wohlbefinden und ihre individuellen Wünsche.
- Patienten und Angehörige in ihrer Trauer begleiten zu dürfen.
- Zu sehen, dass Patienten bei uns oft zur Ruhe kommen, sich sogar manchmal noch etwas erholen, und wie sie die familiäre Atmosphäre und die gemütliche Einrichtung schätzen.
- In einem professionellen, interdisziplinären Team zu arbeiten, das mit Herz und Fachwissen die körperlichen Symptome, aber auch seelische Leiden lindern helfen kann.
- Teil eines agilen, sehr flexiblen Teams zu sein mit viel Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit.
- Für jeden diesen speziellen Ort zu schaffen, an dem seine Bedürfnisse wahrgenommen werden und darauf eingegangen wird.
- Das Gefühl, dass es nicht einfach eine Arbeit ist, sondern ein Herzensanliegen, für die Patienten da zu sein – auch mit kleinen Gesten wie Blumen mitbringen oder mit ihnen gemeinsam zu feiern.
- Arbeiten im Bewusstsein, dass der Tod zum Leben gehört und nicht verdrängt werden muss.
Angehörige werden in ihrer Trauer ebenfalls begleitet – ihre Gedanken und Emotionen sind im Hospiz rund um die Uhr willkommen. Bild Stiftung Schönbühl
Wie individuell lässt sich der Aufenthalt durch die Patienten und deren Angehörige gestalten?
Tagesteam: Die Zimmer können gerne persönlich ausgeschmückt werden, um ein individuelles Zuhause zu schaffen. Und auch sonst ist fast alles möglich: Ob frühstücken um 10 Uhr, selber Pizza backen und mit der Familie im Wohnraum zusammensitzen, eine Dusche spätabends oder ein Mitternachts-Glacé – wir richten uns ganz nach den Bedürfnissen und Wünschen der Patienten und ihren Angehörigen. Angehörige dürfen wieder «nur Angehörige» sein und die letzte Lebensphase als Partner oder Kind erleben – ohne medizinische Verantwortung übernehmen zu müssen. Sie können sich aber einbringen und nach Wunsch und Kraft auch weiterhin pflegerische Handlungen übernehmen. Angehörige dürfen rund um die Uhr bei ihren Liebsten sein und im Hospiz essen und schlafen. Die Infrastruktur ist für alle da.
Welche Wünsche haben Menschen in ihrer letzten Lebensphase?
Tagesteam: Ganz oft sind es kleine Anliegen wie beispielsweise der «Gluscht» auf ein Eis oder ein kühles Bier, ein Ausflug an den Rheinfall oder auf den Munot, eine Übernachtung im Lieblingshotel mit der Ehepartnerin, das neugeborene Enkelkind in den Armen halten, die Katze oder den Hund nochmals sehen, einen fröhlichen Spielnachmittag geniessen oder den Geburtstag, Hochzeitstag oder Weihnachten im Familienkreis feiern. Dazu sind wir vom Hospizteam stets gerne da und freuen uns, wenn wir den Patienten und ihren Familien viele schöne Stunden ermöglichen können.