Hinter jedem Türchen ein Pläsierchen





Schön, schrecklich oder schrecklich schön? Bei Adventskalendern ist die Spannbreite weit. Wir haben ein paar besondere Modelle unter die Lupe genommen.
Worum geht es eigentlich bei Weihnachten? Natürlich, darum, bis an Heiligabend einen fetten ferngesteuerten Truck zusammenzubauen und damit um den Weihnachtsbaum zu fegen! Dies jedenfalls macht uns die Werbung für den «Adventskalender RC Truck» von Revell glauben. «Nach 24 einfach erklärten Bauschritten steht an Heiligabend das selbst montierte RC-Modell auf dem Tisch», steht in der Beschreibung. Der Truck rollt mit grossen, profilierten Reifen an und ist dank stabilem Chassis besonders Crash-unempfindlich. So viel zum Thema «Stille Nacht».
Bei einem Bausatz noch von einem Adventskalender zu sprechen, ist für Puristen wohl etwas gar weit gegriffen. Schliesslich soll der Kalender ja die Zeit bis zu einem Abend verkürzen, der den Christen heilig ist. Das Wort Advent stammt von lateinisch «adventus» ab, Ankunft. Gemeint ist dabei natürlich die Ankunft Jesu Christi. Von einem Truck mit Stollenpneus steht nichts im Neuen Testament.
Die Hände im Muff
Es gibt zum Glück auch noch traditionelle Adventskalender. Bei einer Papeterie haben wir eine herrlich kitschige Version mit pausbäckigen Eisläufern entdeckt. Gleich zwei Kinder landen auf dem Hosenboden, und hinter einer verschneiten Tanne recken zwei Rehe ihre Hälse. Der Kalender hat einen wilhelminischen Touch: Eines der Kinder trägt einen Matrosenanzug, die Frauen tragen lange Röcke und wärmen ihre Hände mit Muffen. Und der gepflegte Herr geht selbstverständlich im Strassenanzug aufs Eis. Der Kalender glitzert im Kerzenlicht, denn er wurde handbeglittert, und zwar, wie es auf der Verpackung gross steht, «in Deutschland».
Ebenfalls aus der Papeterie stammt ein Miniadventskalender. Er ist eigentlich eine Karte und so klein, dass man ihn als Brief versenden kann. Das Motiv zeigt einen Nikolaus am Pult, der einen Wunschzettel liest, während zwei Kinder von draussen durchs Fenster blicken. Wenn man bedenkt, dass der Weihnachtsmann am Nordpol lebt und er in der warmen Stube sitzt, während die Kleinen bei Minusgraden in der Polarnacht ausharren müssen, könnte das Schreiben allerdings auch eine Verfügung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) sein.
Unser nächster Adventskalender hat als Zielgruppe Mädchen. So jedenfalls steht es im Onlineshop eines US-Händlers. Wir haben den Kalender aber bei einem Grossverteiler in Schaffhausen gekauft und sind auch ganz ohne Zielgruppenhinweis darauf gekommen, dass diese Version eher nicht für Jungs ist: Es handelt sich um einen Hello-Kitty-Adventskalender in Pink. Das japanische Kätzchen ist ebenfalls am Eislaufen, aber im Gegensatz zum puristischen wilhelminischen Kalender gibt es hinter den Türchen nicht nur schöne Bildchen, sondern etwas Süsses. Sorgen um die Taillen der Zielgruppengirls sind allerdings gänzlich unbegründet, denn im ganzen Kalender gibt es gerade mal 75 Gramm Schokolade. Geteilt durch 24 sind das so etwa drei Gramm pro Tag.
Für die tägliche «Choco Time»
Für die Buben gedacht ist hingegen der «Marvel Ultimate Spiderman Choco Time Advent Calendar». Er hat einen ganz besonderen Twist: Es gibt nicht bloss 24 Türchen, sondern 25! Bekommen die Jungs also wieder einmal mehr vom Leben ab als die Mädchen? Nein, der Spinnenmann schiebt zwar 25 Stück Schokolade rüber, die kommen zusammen aber auf gerade mal 65 Gramm Gewicht. Die tägliche «Choco Time» wird da wohl in Millisekunden gemessen.
Kinder froh und Erwachsene ebenso macht wiederum der Adventskalender eines bekannten deutschen Süsswarenherstellers. Er zeigt als Motiv den Weihnachtsmann im Schlittenhelikopter, der Süssigkeiten auf eine Winterlandschaft regnen lässt. Online haben wir zu diesem Modell eine wichtige Anmerkung entdeckt: «Achtung: Die meisten Kinder öffnen die feinen Süssigkeiten alle schon am ersten Dezember!! Bestellen Sie lieber 2 Stück davon. Man weiss nie.» Das ist natürlich ein pädagogisch äusserst wertvoller Hinweis. Das Kind isst an einem Tag 300 Gramm Gummibärchen und bekommt zur Strafe – noch eine Schachtel. Wie war noch mal die Nummer der Kesb?
Adventskalender richten sich aber nicht nur an Kinder, sondern auch an Erwachsene. Ein Klassiker ist die Last-Minute-Variante in Form eines Harasses Bier mit 24 durchnummerierten Flaschen. Wer härteren Stoff sucht, findet ihn im Whisky-Adventskalender mit 24 2,5-cl-Fläschen für nicht ganz billige 163 Franken. Für das gleiche Geld kann man sich auch eine ganze Flasche eines sehr guten Stöffchens besorgen. Und dann gibt es da noch eine Version mit 24, äh, Erwachsenenspielzeugen. Oh Gott.