Ein mediales Erdbeben an der Langstrasse
Gestern startete das Crowdfunding für das neue Online-Magazin «Republik» von Christof Moser und Constantin Seibt. Innert weniger Stunden kamen 750'000 Franken von 3000 Personen zusammen.
Das Hotel Rothaus an der Zürcher Langstrasse, 15 Uhr an einem Mittwoch. Es herrscht eine surreale Stimmung im Backsteinhaus, der Schaltzentrale des neusten Medienprojekts «Republik». Eine Mischung aus Euphorie und Schockstarre. In siebeneinhalb Stunden wurde das Ziel des Crowdfundings erreicht: 750'000 Franken von 3000 Abonnentinnen und Abonnenten.
Wenige Stunden zuvor standen Menschen im Regen Schlange, um das Online-Magazin der Journalisten Christof Moser und Constantin Seib zu unterstützen. Hunderte von Zahlungswilligen warteten, um Teil der Genossenschaft und damit auch Abonnent der «Republik» zu werden. Ein seltenes Bild in Zeiten der Medienkrise.
Der 26. April 2017 wird in die Schweizer Mediengeschichte eingehen als Tag, an dem widerlegt wurde, dass die Leute nicht mehr bereit sind, für guten Journalismus im Internet zu bezahlen. Und das, bevor überhaupt ein Artikel publiziert wurde, denn das Online-Magazin geht erst 2018 tatsächlich an den Start. Das Crowdfunding dient als Markttest für die Investoren, die bereits 3.5 Mio. Franken bereitgestellt haben. Erst mit dem Erreichen des Ziels wird dieses Geld tatsächlich ausgelöst.
Kurz vor 17 Uhr am Donnerstag zeigt der Zähler 1.8 Mio. Franken von über 7000 Unterstützern an. Damit ist die «Republik» das weltweit erfolgreichste Crowdfunding für Journalismus. Bisher hielt der niederländische «De Correspondent», ein Vorbild für das Projekt von Moser und Seibt, diesen Rekord mit 1.7 Mio. Dollar.
Doch bei aller Begeisterung gibt es auch Grund für Skepsis. Dieser beeindruckende Erfolg sind Vorschusslorbeeren. Gelesen hat man noch keine Geschichten. Nur die Idee der «Republik» steht im Raum: werbefreier, leserfinanzierter und hintergründiger Journalismus.
Die Frage bleibt: Kann die «Republik» den Erwartungen gerecht werden?
Bereits andere neue Medien wie «Watson» standen vor dieser Herausforderung und konnten sie nur teilweise erfüllen. Es wird auch der «Republik» nicht anders ergehen. Auch wenn die Hürde der Initialzündung mehr als erfolgreich genommen wurde: Die grosse Arbeit steht den Machern noch bevor. Sie müssen die Leserschaft längerfristig begeistern können, damit die Abonnements erneuert werden. Ob das gelingt, wird sich zeigen.