Kleiner Sender, stark verwurzelt

Zeno Geisseler | 
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«Unsere Sendungen sind schaffhauserisch. Das hört sich jetzt vielleicht schrecklich lokalpatriotisch und kleinkariert an, aber für uns ist das ein echter Vorteil»: Beat Rechsteiner. Bild: Selwyn Hoffmann

Beat Rechsteiner ist Geschäftsführer des Schaffhauser Fernsehens. Ein Gespräch über Blocher, Schminktipps und schwarze Zahlen.

Das Schaffhauser Fernsehen wurde 1994 gegründet, also vor über 20 Jahren. Wie beurteilen Sie die Entwicklung seit damals?

Beat Rechsteiner: Über die Anfänge weiss ich nur wenig, ich war damals noch nicht dabei. Aber seit 2013, damals übernahm ich die Geschäftsführung, hat sich das SHf ansprechend entwickelt. Es ist intern wie extern besser angesehen. Ganz wichtig dabei war, dass wir die Kooperation mit den «Schaffhauser Nachrichten» ausbauen konnten. Die Redaktorinnen und Redaktoren der SN leiten ja regelmässig die Talksendung «Hüt im Gschpröch». Das war für beide Seiten ein wichtiger Schritt. Wir profitieren vom Know-how der SN-Journalisten, sie erhalten Einblick in ein anderes Medium.

Wie war die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren?

Rechsteiner: Auch hier stehen wir viel besser da als früher. Wir halten unsere Kosten tief und kalkulieren sehr genau.

Viele Sender, etwa das Schweizer Fernsehen oder Tele Top, leben ganz massgeblich von Konzessionsgeldern. Das SHf erhält keine solchen Zahlungen vom Staat. Geht da die Rechnung für Sie auf?

Rechsteiner: In den letzten zwei Jahren haben wir ganz knapp keine schwarzen Zahlen geschrieben, was für einen Sender ohne Subventionen ausser­ordentlich ist. Könnten wir mehr Umsatz machen? Ja, aber dafür brauchten wir auch mehr Kraft.

Also mehr Mittel?

Rechsteiner: Richtig. Aber das wäre ein Spagat, und es ist schwierig zu beurteilen, ob sich das unter dem Strich rechnen würde. Grundsätzlich wollen wir mit möglichst wenig Mitteln möglichst viel herausholen, ohne zu grosse Risiken einzugehen.

Das Fernsehen hat sich technisch stark gewandelt, es ist alles sehr viel einfacher geworden. Heute kann jeder mit seinem Smartphone direkt ins Internet streamen und ein Publikum auf der ganzen Welt erreichen. Ist diese Entwicklung für Ihren Sender eher eine Gefahr oder eine Chance?

Beides. Zum einen ist es eine Chance, weil auch für uns die Produktionsmittel einfacher geworden sind. Unser Fernsehen umfasst bloss zwei Festangestellte und zwei Praktikanten, das ist das Kernteam. Da kommt es uns entgegen, wenn wir auch mit einfachen Mitteln viel erreichen können. Zum anderen entwickelt sich so natürlich auch eine Konkurrenz.

Und was machen Sie, damit das SHf nicht unter die Räder gerät?

Unsere Stärke sind unsere exklusiven Inhalte. Fast alle unsere Sendungen sind praktisch komplett lokal und regional schaffhauserisch, das hat niemand sonst. Das hört sich jetzt vielleicht schrecklich lokalpatriotisch und kleinkariert an, aber für unseren Sender ist das ein echter Vorteil. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal.

Früher war Fernsehen ein lineares Medium. Man wusste, um 19.30 Uhr gibt es Nachrichten, man schaltete fünf Minuten vorher ein, und genau in diesem Slot lief die Werbung. Heute holt man die Sendung im Internet, und die Werbung wird weggeklickt. Das ist für die Werber wie für die Sender doch eine sehr schwierige Situation.

Klar. Aber beim SHf kommt uns entgegen, dass wir eine Sendestruktur mit stündlichen Wiederholungen fahren. Das SHf ist seit jeher kein Sender, bei dem man zu fixen Zeiten einschaltet. Es ist ein Kanal, in den man reinzappt, und wenn gerade keine Sendung läuft, gibt es unsere Werbespots oder unsere Werbetafeln. Letztere beispielsweise sind ein einfach zu erstellendes und günstiges Medium, das gut wahrgenommen wird. Letztlich ist halt regionale Werbung für unsere Zuschauer auch ein interessanter Inhalt.

Wer die Sendung im Internet oder zeitversetzt schaut, umschifft diese Werbung aber ganz elegant.

Deshalb stellen wir auch neue Werbegefässe zur Verfügung. Statt einer Werbung vor und nach einer Sendung gibt es auch Sponsoringformate in einer Sendung selbst, etwa, wenn in einer Kochsendung für Küchen geworben wird. Allerdings werden unsere Sendungen mehrheitlich immer noch am Fernseher geschaut.

Das SHf ist einer der kleinsten, wenn nicht sogar der kleinste Sender der Schweiz. Für eine Sendung ist es aber national bekannt: «Blocher-TV». Ist diese Sendung ein Segen oder eine Hypothek?

Das ist keine einfache Frage. Fernsehen ist ein emotionaleres Medium als etwa eine Zeitung. Ich erinnere mich an «Ventil» mit Frank Baumann im Schweizer Fernsehen vor 15 Jahren. Die einen fanden die Sendung Kult, die anderen fanden sie furchtbar. Aber alle schalteten ein. «Blocher-TV» polarisiert genauso, und wir erreichen ein nationales Publikum. Ich erhalte E-Mails von Handwerkern aus Graubünden zu Blocher-TV-Folgen, das ist doch grossartig.

Das Internet ist gnadenlos. Auf YouTube sehe ich ganz genau, welcher Content läuft. Schminktipps, Russian-Dashcam-Compilations und Katzen erreichen Millionen, da kann ein «Politik im Saal» der SN und des SHf nicht wirklich mithalten. Produzieren Sie am Publikum vorbei?

Ich glaube nicht. Wir sind einfach kein Boulevardsender. Und: Wenn weltweit schon gute Schminkvideos gemacht werden, warum sollen ausgerechnet wir als kleiner Schweizer Sender da auch noch einsteigen? Wir wollen lieber etwas Schaffhauserisches machen, das man so auf YouTube nicht bekommt. Für uns wird es erst dann interessant, wenn Schaffhauserinnen Schminktipps geben, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben.

Die SN haben ihren Onlineauftritt erneuert und ausgebaut. Ein Onlineteam produziert unter anderem auch Videos. Beisst sich das mit dem SHf?

Nein, überhaupt nicht. Wir ergänzen uns. Unser Haus ist multimedial aufgestellt, und das ist ein grosser Pluspunkt. Wir müssen nun vor allem daran arbeiten, dass unsere Kanäle journalistisch und kommerziell besser genutzt werden. Letztlich können wir bessere Inhalte auf allen Plattformen produzieren.

In Schaffhausen wird immer wieder der Vorwurf der Machtkonzen­tration bei der Meier + Cie AG laut. Werden alle Medien gleichgeschaltet?

Überhaupt nicht. Die Redaktionen funktionieren grundsätzlich unabhängig voneinander, aber selbstverständlich gibt es zwischen der Zeitung und dem Schaffhauser Fernsehen einen regen Austausch. Seit ich hier bin, ist jedenfalls noch nie ein SN-Chefredaktor zu mir gekommen und hat mir gesagt, was ich tun darf und was nicht.

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