Wie können Spitäler dem Fachkräftemangel begegnen? Das Spital Bülach hat ein Modell entwickelt

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Pflegefachleute im Job zu halten, ist nicht zuletzt aufgrund der geforderten Flexibilität schwierig. Bild: Keystone/Gaetan Bally)

Der Fachkräftemangel ist in allen Branchen angekommen. Im Spital Bülach hat man ein innovatives Arbeitszeitmodell entwickelt, dass sich auch auf andere Branchen übertragen lässt.

von Manuel Portmann und Daniela Pfeifer-Stöhr*

Wie die beiden nationalen Abstimmungen gezeigt haben, polarisiert das Gesundheitswesen. Trotz hoher Gesundheitskosten möchte niemand auf eine funktionierende Versorgung verzichten. Doch da schnelle Lösungen in diesem komplexen Umfeld nicht zu erwarten sind, müssen die Spitäler selbst innovative Ideen entwickeln.

Eine der grössten Herausforderungen ist nach wie vor der Fachkräftemangel. Durch die immer älter werdende Bevölkerung steigt der Pflegebedarf; gleichzeitig gibt es aber immer weniger Pflegekräfte. Mit monetärem «Wettrüsten» unter den Spitälern lässt sich das Problem nicht lösen. Das verteuert nur die Gesundheitskosten, da die fixen Tarife nicht angepasst werden können. Da sind neue Ideen gefragt, die einen Mehrwert für die Mitarbeitenden und die Organisationen schaffen.

Im Spital Bülach wurden die Pflegemitarbeitenden gefragt, wie man ihre Arbeitssituation verbessern könne. Es zeigte sich, dass Nachtdienste und spontanes Anfragen an freien Tagen als belastend empfunden werden. Aus diesen Erkenntnissen haben wir zusammen mit den Pflegeteams ein Modell entwickelt, mit dem sich die Pflegemitarbeitenden ihr Arbeitsmodell nach persönlicher Präferenz und Lebenssituation gestalten können.

Die drei Stufen der Flexibilität

Das «Bülacher Modell» besteht aus drei Stufen: «Fix», «Flex» und «Super Flex».

In der Stufe «Fix» müssen keine Nachtdienste geleistet werden. Sie wird mit dem bestehenden Grundlohn vergütet und ist ideal für alle, die feste Arbeitszeiten und Arbeitstage wünschen. In der zweiten Stufe «Flex» leisten Mitarbeitende auch Nachtdienste und springen bei Bedarf einmal pro Monat auf ihrer Station ein. Für diese Flexibilität erhalten sie 200 Franken als Zulage zum Grundlohn.

Diese Stufe eignet sich für alle, die eine Planungssicherheit wünschen, aber flexibel in der Dienstplanung sind. Die Mitarbeitenden in der dritten Stufe «Super Flex» erhalten monatlich 350 Franken Zulage zum Grundlohn. Dafür springen sie bei Bedarf zweimal im Monat auch in anderen Abteilungen ein. Die Stufe «Super Flex» eignet sich für alle, die weitgehend ungebunden und flexibel in der Dienstplanung und im Einsatz sind.

Eine Million Franken für die Pflegekräfte

Das Modell ist nicht gratis. Das Spital investiert rund eine Million Franken. Durch die Reduktion von teurem Temporärpersonal kommt dieses Geld jetzt den eigenen Mitarbeitenden zugute. Nach einer einjährigen Testphase wurde das Arbeitszeitmodell im Juni in den Regelbetrieb überführt und wird ständig weiterentwickelt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Pflegeberuf wird attraktiver, und durch die Flexibilität konnten auch Fachkräfte zurückgewonnen werden, die sonst in andere Branchen gewechselt hätten.

Das Modell ist nicht gratis. Das Spital investiert rund eine Million Franken.

Ein weiterer Vorteil ist die Übertragbarkeit auf andere Branchen. Über 50 Unternehmen, von Hotels über Flughäfen bis hin zu Gefängnissen, haben sich bereits danach erkundigt. Dass das Modell am «HR Festival Europe» mit dem ersten Preis für zukunftsweisende HR-Projekte ausgezeichnet wurde, war das i-Tüpfelchen. Wir arbeiten bereits an neuen Ideen: das Modell auf andere Themenbereiche auszuweiten, zum Beispiel ein Wiedereinsteigerprogramm für Pflegende oder attraktive Karrieremöglichkeiten in der Pflege.

Die positiven Rückmeldungen und die breite Anerkennung zeigen, dass innovative Ansätze wie das «Bülacher Modell» zukunftsweisend sind. So können wir sicherstellen, dass wir auch in den kommenden Jahren eine hohe Versorgungsqualität bieten und dem Fachkräftemangel erfolgreich begegnen.

*Manuel Portmann ist HR-Leiter und Daniela Pfeifer-Stöhr Direktorin Pflege und Therapien am Spital Bülach

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