Von der Angst, Chancen zu verpassen

Wie gelingt der Aufstieg in einer Branche, die lange von Männern dominiert war? Und was hilft Frauen wirklich, um Karriere und Privatleben unter einen Hut zu bringen? Alona Geckler, Führungskraft beim Cybersecurity-Unternehmen Acronis, teilt ihre Erfahrungen – und gibt ehrliche Einblicke, warum Perfektion oft im Weg steht und wie gezieltes Networking Türen öffnet.
Networking ist für Geckler ein zentrales Instrument auf dem Weg zu echter Gleichstellung. «Männer pflegen solche Netzwerke seit Jahrhunderten – informell, aber wirkungsvoll. Frauen hatten lange Zeit keinen Zugang dazu. Das ändert sich jetzt, doch es braucht noch mehr Räume, in denen Frauen sich vernetzen und gegenseitig stärken können.» Damit das gelingt, brauche es gezielte strukturelle Veränderungen: Unternehmen seien gefordert, Fördermassnahmen für weibliche Fach- und Führungskräfte zu verankern. Und auch gesellschaftlich müsse klar sein: Die Förderung von Frauenkarrieren ist kein Nebenschauplatz; sie ist ein Schlüssel zur wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit.
Immer mehr Frauen steigen in die Tech-Branche ein – ein historisch männlich dominierter Bereich. Alona Geckler, SVP Business Operations, Chief of Staff bei Acronis, einem weltweit führenden Unternehmen im Bereich Cybersicherheit und Datenschutz, setzt sich seit Jahren für mehr Chancengleichheit ein.

Eine aktuelle Acronis-Studie beleuchtet die bestehenden Herausforderungen, Wahrnehmungen und Chancen für Frauen, die derzeit in der Branche arbeiten. Laut der Studie arbeiten 71 Prozent der befragten Frauen in der IT länger, um im Beruf voranzukommen. Der Grund? Sie befürchten, Chancen zu verpassen. Ein Phänomen, das Acronis treffend als neues «FOMO» (Fear of Missing Out) beschreibt. 63 Prozent der Frauen in der Umfrage berichten ausserdem, dass es zu wenige weibliche Führungskräfte in der Cybersicherheit gibt – ganze 84 Prozent glauben, dass Tech-Unternehmen von mehr Diversität in Führungsetagen profitieren würden.
Vorbilder, Netzwerke und Mentoring
Acronis geht selbst mit gutem Beispiel voran: Am Standort Schaffhausen investiert das Unternehmen in die Förderung weiblicher Talente und kooperiert mit Bildungsinstitutionen. «Nach wie vor gibt es viele Hürden, denen Frauen im Berufsleben begegnen. Mit den richtigen Ressourcen und der richtigen Unterstützung können Organisationen Frauen jedoch befähigen, diese Herausforderungen zu meistern und erfolgreiche Karrieren zu führen», so Geckler.
Ein wirkungsvolles Instrument hierfür ist das Mentoring – ein solches Programm gibt es auch in Schaffhausen. Geckler war im März als Gastgeberin beim «Female Makers»-Event in Schaffhausen eingeladen – einem Mentoring-Format zur gezielten Förderung weiblicher Fachkräfte. Sprecherinnen und Teilnehmerinnen sprachen offen über die Angst, Chancen zu verpassen. Nach dem Besuch in Schaffhausen zog Geckler eine klare Bilanz: «Auch wenn die Schweiz Fortschritte gemacht hat, sehen sich Frauen im Berufsleben mit Herausforderungen in puncto Chancengleichheit konfrontiert, die viele andere Länder bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten in Angriff genommen haben.»
«Es ist in Ordnung, nicht perfekt zu sein»
Alona Geckler lebt mit ihrer Familie in Israel und pendelt seit mehreren Jahren regelmässig nach Schaffhausen, wo sie als Teil der globalen Acronis-Führungsebene tätig ist. Ihre eigene Balance zwischen Beruf und Privatleben basiert nicht auf Perfektion, sondern auf realistischen Erwartungen. «Es gibt keine universelle Lösung, aber eine Haltung, die vieles erleichtert: Es ist völlig in Ordnung, nicht perfekt zu sein», sagt sie.
Gerade Frauen, so Geckler, würden häufig den Anspruch an sich selbst stellen, in sämtlichen Lebensrollen – als Mutter, Partnerin, Führungskraft – stets Höchstleistungen zu erbringen. Ihr pragmatischer Rat: Aufgaben delegieren und loslassen. «Am Ende interessiert es niemanden, wer das Bad geputzt hat – aber Sie werden froh sein, wenn Sie stattdessen Zeit für die Dinge haben, die ihnen wirklich wichtig sind.»
Bewusst Prioritäten setzen
Ein weiteres Thema, das Geckler beschäftigt, ist die Neigung vieler Frauen, sich nicht abzugrenzen und jede Gelegenheit wahrnehmen zu wollen. Für sie ist klar: Wer beruflich wachsen will, muss wissen, was man will und entsprechend handeln. «Fragen Sie sich: Was ist Ihr nächster Schritt? Wenn Sie aufsteigen möchten, planen Sie bewusst Zeit für Weiterbildungen und Networking ein, auch wenn das bedeutet, ein Familientreffen einmal auszulassen. Wenn Sie hingegen mit Ihrer aktuellen Position zufrieden sind, müssen Sie nicht auf jeder Veranstaltung präsent sein.» Entscheidend sei, so Geckler, Klarheit über die eigenen Ziele zu gewinnen und den Mut zu haben, danach zu priorisieren.