Die Fachkräfte von Morgen und die künstliche Intelligenz
Digitale Transformation? Oft wird sie gefordert, viel wird darüber geredet, meistens wird sie unterschätzt. Denn der Weg zum Erfolg ist steinig und schwer. digitalswitzerland setzt darum schon bei den Jüngsten an, um die Digitalisierung im Land voranzutreiben: Mit Workshops in den Klassenzimmern. Wir haben uns in der Schule Wilchingen angemeldet und zugeschaut, wie das ganz praktisch aussieht.
Im Rahmen der Schaffhauser Digitaltage findet im Kanton unter anderem die NextGen-Future-Skills-AI-Experience rund um das Thema künstliche Intelligenz (KI) statt. Ziel ist es, junge Menschen zu befähigen, zukunftsrelevante Fähigkeiten zu identifizieren und selbst einzusetzen. Dafür werden Themen rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik mit dem Future-Skills-Ansatz kombiniert. Wir vom Zahltag wollten Genaueres erfahren und haben darum die erste Sek in Wilchingen besucht.
Auf ins Schulzimmer
Nachdem sich Lehrerin Anna Boll um die verschiedenen technischen Probleme ihrer Schüler gekümmert hat, übergibt sie die Klasse einem Tutor von Kids.Code. Das Start-up führt an diesem Morgen im Auftrag von digitalswitzerland den Future-Skills-AI-Workshop durch. Der Basler Informatiker Rasmus – wie es sich für einen Informatiker gehört, hat er nur einen Vornamen, selbst auf der Internetseite von Kids.Code findet sich kein Nachname – steigt gleich steil ins Thema ein und stellt sich mit einem selbst generierten «Deep Fake»-Foto vor. Die Aufmerksamkeit der Schüler ist ihm damit sicher. Auch die Aussage, dass laut einer Prognose 80 Prozent der Berufe, die es 2030 geben wird, heute noch nicht existieren, interessiert.
Future Skills erkunden
In einem Miroboard erkunden die Schüler daraufhin, was denn genau Future Skills sind. In verschiedenen Bereichen wie Sport, Familie und Freunde oder Social Media werden die einzelnen Begriffe wie Medienkompetenz, lösungsorientiertes und kritisches Denken, Flexibilität, Kreativität, Kommunikation und Teamfähigkeit verständlich erklärt. Alles cool bis dahin. Als es dann aber darum geht, aus der Auswahl die Begriffe zu nennen, die den Sitznachbarn am besten charakterisieren, braucht es dann doch zwei Anläufe.
Plötzlich sieht die Maschine alt aus
Als es dann doch geschafft ist, zeigt Rasmus auf, dass die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz gar nicht so neu ist, wie oft gedacht – diese begann bereits in den 1950-er Jahren. Und als weitere Grundlage werden zielgruppengerecht einzelne relevante Begriffe erklärt. ChatGPT, so finden wir heraus, ist noch nicht wirklich im Wilchinger Schulzimmer angekommen. Das könnte sich nun aber ändern, nachdem Rasmus aufzeigte, wie man mit dem Chatbot auf eine Prüfung lernen kann. Allerdings immer mit der Warnung versehen: «Achtung, kontrolliert, was die KI ausspuckt, sie macht noch viele Fehler.» Und natürlich wird auch diese Aussage illustriert. In einem von KI generierten Text über Lionel Messi sollen die Fehler gefunden werden. Ein wahrer Fan outet sich, der mit seinem grossen Wissen über den Fussballstar die Maschine alt aussehen lässt.
Es geht nichts über Praxisübungen
In der Pause ist die Begeisterung noch verhalten: Der Inhalt hat die befragten Schüler noch nicht wirklich aus den Socken gehauen. Als es dann jedoch praktisch wird, ist die Klasse wie ausgewechselt. Rasmus steigt mit einem Training ein, bei welchem aus zwei ähnlichen Bildern das KI-generierte gefunden werden muss. Die Teens sind gut im Aufspüren und bemerken die falschen Schatten, die sechs Finger oder die zu intensiven Farben, welche die KI (im Moment noch) produziert. Richtig Stimmung kommt auf, als das eigene Surface-Gerät, eine Mischung aus Tablet und Laptop, zur Hand genommen und ein KI-Bildgenerator aufgerufen wird. Zuerst geben alle denselben Begriff ein: «Eine Stadt auf dem Mond». Grosses Staunen: Bei jedem einzelnen erscheint ein anderes Bild. Dann darf, nach dem Erklären der Spielregeln, jeder selbst kreativ werden – und viel zu schnell ist die Zeit um.
Ein richtiger Kampf entbrennt, bis jeder sein Surface zugeklappt hat, um den Workshop mit einer kurzen Reflexionsrunde abzuschliessen. Fazit: Die Bildgeneratoren sind «mega cool» und ein Mädchen gibt in die Runde: «Es ist schon krass, wenn man sich überlegt, wie lange ein Mensch brauchen würde, um ein solches Bild zu malen». Doch auch etwas aus dem Theorieteil bleibt hängen: Dass die KI Fehler macht und ein tieferes Verständnis dafür, wie man Fakes erkennen kann. Auf die abschliessende Frage von Rasmus, welche Future Skills nun in diesem Workshop angewendet wurden, einigt man sich auf Medienkompetenz, Kreativität und Storytelling.
Die richtige Dosis
Auch Lehrerin Boll ist zufrieden mit dem Workshop und erklärt: «Mir hat es gefallen. Das sehr aktuelle, umfassende Thema wurde gut heruntergebrochen und in der richtigen Dosis vermittelt: Die wichtigsten Themen wurden angesprochen, ohne die Kinder zu überfordern. Die vermittelten Fakten waren eindrücklich und der praktische Teil hat natürlich alle mitgerissen.»
Die NextGen-Future-Skills-AI-Experience, welche in Zusammenarbeit mit Pro Juventute entwickelt wurde, können Jugendliche im Alter von 13 bis 16 Jahren von September bis November auch als kostenloser Online-Workshop in Deutsch, Französisch und Italienisch belegen. Hier gibt's weitere Informationen.