Verdacht erhärtet sich: Klinik Breitenau missbrauchte Patienten für Medikamententests

Fabian Babic | 
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Bild aus der Breitenau aus dem April 1962: Damals wurde die Arbeitstherapie in der Klinik neu eingeführt. Bild: Bruno + Eric Bührer

Patienten der psychiatrischen Klinik Breitenau wurden durch Medikamentenversuche missbraucht. Das bestätigt nun ein wissenschaftliches Gutachten.

Das Vorgehen der involvierten Mediziner verstiess gegen ethische Richtlinien, Patientenrechte waren praktisch inexistent: Im Zeitraum zwischen 1940 und 1980 wurden Medikamente an Versuchspersonen getestet, häufig unfreiwillig und in aus heutiger Sicht teilweise ungerechtfertigter Weise.

Diverse Kantone haben diese dunkle Kapitel in der Medizingeschichte aufgearbeitet – nun herrscht auch für Schaffhausen mehr Klarheit: Ein wissenschaftliches Gutachten bestätigt, dass die psychiatrische Klinik Breitenau in den 1950er- und 1960er-Jaren dubiose Medikamentenversuche durchgeführt hat. Das teilen die Spitäler Schaffhausen, die mit der Untersuchung von der Regierung beauftragt wurden, am Donnerstag mit.

Mit der Erstellung des Gutachtens wurde ein unabhängiger Historiker des Departements Geschichte der Universität Basel betraut. Unter anderem wurden dafür 174 Patientenakten geprüft.

Das Ergebnis: In 14 Fälle konnten «ungeprüfte Präparate» identifiziert werden. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Versuchspräparate. Zum Einsatz kam in der Hälfte der Fälle ein neuartiges Medikament des Balser Herstellers Geigy mit der Bezeichnung G22355. Später sollte das Produkt unter dem Namen «Tofranil» (auch Imipramin) auf den Markt kommen und dort für Furore sorgen. Im Frühjahr 1958 wurde es als erstes Antidepressivum zugelassen.

Zudem finden sich Hinweise, dass die betroffenen Patienten im Dunkeln gelassen wurden, dass sie den Medizinern als Testobjekte dienen. Gemäss Gutachten habe die Breitenau «keine bedeutende Rolle» für die Erforschung neuer Psychopharmaka im nationalen Vergleich gespielt. Der Regierungsrat und die Spitäler Schaffhausen drücken in ihrer Mitteilung ihr Bedauern aus, dass «Betroffenen ein Unrecht widerfahren ist».

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