Getrübter Sonnenschein in der Solarbranche

Iris Fontana | 
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In Schaffhausen finden sich Installateure mit transparenter Kalkulation und dem Verzicht auf Grosslager. Archivbild: Melanie Duchene

Ein Bericht der Handelszeitung deckt auf, dass trotz historisch niedriger Preise für Photovoltaikmodule die Endpreise der Anlagen für Schweizer Kunden hoch bleiben. Heimsen die hiesigen Montagebetriebe zu viel Marge ein und verdienen sich auf Kosten der Kunden eine goldene Nase? Wir haben bei Schaffhauser Unternehmen nachgefragt. Die Vorwürfe werden zurückgewiesen – und die Probleme ortet man anderswo.

Von aussen betrachtet, scheint es kaum ein Geschäft zu geben, das besser läuft als die Solarbranche. Kunden stöhnen aufgrund langer Wartefristen, schickt man einem Anbieter ein E-Mail, kommt postwendend eine automatisierte Antwort zurück, dass aufgrund der aktuell sehr hohen Anzahl an Anfragen mit einer längeren Antwortzeit gerechnet werden müsse.

Läuft es schon fast zu gut in der Branche?

Dieser Frage ging vor kurzem die Handelszeitung nach und wollte herausfinden, ob die Installateure die Situation ausnutzten und die Margen aus den historisch tiefen Preisen chinesischer Photovoltaikmodule selbst einbehalten, anstatt die tiefen Preise an die Endkunden weiterzugeben. Wir hörten uns bei Vertretern im Kanton um, ob etwas dran sei an den Vorwürfen. Von vier kontaktierten Unternehmen meldeten sich zwei zurück.

Bollinger mit transparenter Kalkulation

Thomas Bollinger, Geschäftsführer und Inhaber der gleichnamigen GmbH, will nichts von einbehaltener Marge wissen. In seinem Betrieb kalkuliere er die Materialverkaufs- und Lohnverkaufskosten und schlage eine Marge von fünf Prozent darauf, was jedoch nicht gleich Gewinn sei, sondern auch eine Risikoprämie beinhalte (siehe Box).

So kalkuliert Thomas Bollinger

Der Preis für die Installation einer Solaranlage setzt sich aus Materialverkaufskosten und Lohnverkaufskosten zusammen.

Material netto (Einkaufspreis) plus Gemeinkostenplus (Lagermiete, Magaziner, Transportkosten, Kapitalverzinsung, Versicherungen) plus  Risiko/Gewinn (Marge für Gewinn und Investitionen jedoch auch Risikoanteile wie Abhängigkeit Dritter, Witterungseinflüsse, Garantieleistungen).

Die Lohnverkaufskosten werden ähnlich berechnet:
Lohn netto inkl. 13. Monatslohn Mitarbeiter plus Sozialleitungen (Ferien, Feiertagsentschädigungen, Abwesenheiten für Weiterbildungen gemäss GAV, Personalversicherungen) plus Gemeinkosten (indirekt verrechenbare Kosten wie Büropersonal, Offertenbearbeitung, Mieten, Kapitalverzinsung, Leerstunden) plus Risiko/Gewinn (Marge für Gewinn und Investitionen, jedoch auch Risikoanteile wie Abhängigkeit Dritter, Witterungseinflüsse, Garantieleistungen)

Volle Corona-Lager führen zu Problemen

Wie die Handelszeitung darlegt, sind die hohen Preise auch nicht immer auf gierige Installateure zurückzuführen. Das Problem vieler Anbieter sei vielmehr, dass sie ihre Lager während den Lieferschwierigkeiten zu Corona-Zeiten aufgestockt hätten. Nun seien diese Lager mit Produkten zu einem Einkaufspreis gefüllt, der viel höher liegt als der heutige. Dies brächte insbesondere kleinere Solarfirmen in finanzielle Not, da sie die Differenz nicht einfach abschreiben könnten. So werde ein Teil der Differenz auf die Kunden überwälzt.

Bezug von Modulen nur auf Bestellung

Marcel Klingler, Geschäftsführer der Klingler Heizung Sanitär Solar GmbH an der Mühlestrasse, erklärt, dass die Situation in seinem Betrieb nicht vergleichbar mit den im Bericht genannten Branchenriesen sei. Im Gegensatz zu diesen, die mehrere tausend Module auf Lager kauften, würde er Module nur bei einem Auftrag beziehen. Die Möglichkeit, grössere Mengen auf Lager zu beschaffen, hätte er nicht und dies würde aus seiner Sicht auch keinen Sinn ergeben, da fast halbjährlich Module mit noch höherer Leistung auf den Markt kämen. Ganz ähnlich die Antwort von Bollinger. Sein Materiallager sei nur mit Unterkonstruktionen und Komponenten bestückt, welche unabhängig von den Modulmodellen eingesetzt werden könnten. Wie Klingler kauft auch er nur objektbezogen ein. Dies sei momentan problemlos möglich, da keine Engpässe bei den Lieferketten bestünden. Somit haben beide keine Lagerbestände mit zu teuer eingekauften Modulen abzubauen.

Fachkräftemangel und Billigkonkurrenz als grössere Probleme

Ein Thema, das die gesamte Branche beschäftigt, seien die Lohnkosten, sagt Bollinger. So seien berechtigterweise die Löhne in den letzten Jahren stark angestiegen, im 2023 beispielsweise um rund drei Prozent. Dies verteure folglich die Installationskosten. Einig sind sich Klingler und Bollinger, dass die grösste Schwierigkeit der Branche im Fachkräftemangel liegt. Neben der Herausforderung, überhaupt geeignetes Personal zu finden, müsse man auch in der Lage sein, dieses nachhaltig zu beschäftigen, erklärt Bollinger. Dazu komme, dass mit den Preisen chinesischer Tiefpreismodul-Anbieter nicht mitgehalten werden könne, ergänzt Klingler. Er selber montiere ausschliesslich Module «Made in Germany».

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Steigender Margendruck erwartet

Und was hält die Zukunft bereit? Noah Heynen, CEO von Helion, dem Schweizer Branchenführer im Bereich Solaranlagen, erläutert in der Handelszeitung, dass der Photovoltaik-Absatz bei Neuinstallationen im vergangenen Jahr um 40 Prozent gewachsen sei. Dieses Jahr rechnet er noch mit einer Zunahme von zehn Prozent. Es gebe zwar noch Neugründungen, allerdings sei ein Nachfragerückgang absehbar und damit würde sich auch der Margendruck weiter erhöhen.

Mit Gesamtpaket den Herausforderungen trotzen

Bollinger lässt sich durch solche Prognosen nicht ins Bockshorn jagen und blickt weiter positiv in die Zukunft. Als Gesamtanbieter von Gebäudehüllen (Dach und Wand) biete sein Unternehmen Gesamtlösungen an. Um maximal profitieren zu können, müsse vor der Montage der  Solaranlage auch der Untergrund energetisch wie auch funktionell fit gemacht werden. Aufgaben, die er beide abdecken kann.

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